ZPO § 91 Abs. 1 § 104 Abs. 2 S. 3

Leitsatz

Hat eine Partei der Gegenseite die Kosten sowohl des mitwirkenden Rechtsanwalts und als auch des mitwirkenden Patentanwalts zu erstatten, sind die Kosten für die getrennte Anreise von Rechtsanwalt und Patentanwalt auch dann erstattungsfähig, wenn beide derselben Sozietät angehören.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.11.2018 – 6 W 91/18

Sachverhalt

In einer vor dem LG Frankfurt/M. anhängigen Kennzeichenstreitsache hatte die Bekl. sich durch einen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten vertreten lassen und ferner die Mitwirkung eines Patentanwalts angezeigt, die beide derselben Sozietät angehören. Zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG waren für die Bekl. sowohl ihr Rechtsanwalt als auch ihr Patentanwalt erschienen. Der Rechtsstreit endete durch Urteil des LG, in dem der Kl. 35 % und der Bekl. 65 % der Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden. Die Bekl. hat im Kostenfestsetzungsverfahren sowohl die Kosten für ihren Rechtsanwalt als auch für ihren Patentanwalt geltend gemacht. Darunter waren auch Terminsreisekosten für die Bahnfahrt des Anwalts und für die Fahrt des Patentanwalts im eigenen Kraftfahrzeug. Der Rechtspfleger des LG Frankfurt hat die Kosten auf Beklagtenseite antragsgemäß ausgeglichen. Mit ihrer hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat die Kl. geltend gemacht, die Patentanwaltskosten seien nicht erstattungsfähig. Auf entsprechenden Hinweis des Beschwerdegerichts hat die Bekl. eine auf sie ausgestellte Rechnung des Patentanwalts vom 15.11.2018 vorgelegt und die Mitwirkung des Patentanwalts anwaltlich versichert.

Das OLG Frankfurt hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen, jedoch der Bekl. die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

2 Aus den Gründen:

"… II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. (…)"

2. In Kennzeichenstreitsachen sind Patentanwaltskosten nach § 140 Abs. 3 MarkenG grundsätzlich erstattungsfähig. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft eine Kennzeichenstreitsache. (…) Auf die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Patentanwalts kommt es nicht an. Es genügt, dass der Patentanwalt eine streitbezogene vergütungspflichtige Tätigkeit ausgeübt hat und dass seine Mitwirkung im Rechtsstreit angezeigt worden ist (vgl. BGH BRAGOreport 2003,115 [Hansens] = BRAK-Mitt 2003 191). Die tatsächliche Mitwirkung ist glaubhaft zu machen (§ 104 Abs. 2 S. 1 ZPO). Hierfür ist regelmäßig die Vorlage der an den Mandanten gerichteten Rechnung erforderlich. (…)

3. Ohne Erfolg wendet sich die Bekl. gegen die festgesetzten Reisekosten (Fahrtkosten zum Gerichtstermin). Die Bekl. hat seitens des Patentanwalts Fahrtkosten im eigenen Kraftfahrzeug und seitens des Rechtsanwalts Kosten für Bahnfahrten geltend gemacht. Beide Anwälte gehören derselben Sozietät an. Eine Verpflichtung zur gemeinsamen Anreise zur Kostenersparnis besteht nicht. Bei den Rechts- und Patentanwaltskosten handelt es sich um getrennte Posten. Ein Anwalt ist nicht verpflichtet, einen Kollegen im eigenen Kraftfahrzeug zu befördern. Insoweit gilt nichts anderes als bei der Anreise von Anwalt und Mandant oder der Anreise von zwei Pflichtverteidigern in demselben Strafverfahren (vgl. dazu LG Stuttgart AGS 2014, 98; LG Cottbus AGS 2006, 463 m. Anm. N. Schneider).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO analog. Der Gebührenanspruch ist hinsichtlich der streitigen Patentanwaltskosten erst im Beschwerdeverfahren glaubhaft gemacht worden. Die Bekl. hat nicht dargelegt, warum sie nicht zu einer früheren Glaubhaftmachung im Stande war. …“

3 Anmerkung:

Die Entscheidung des OLG Frankfurt hat über die Besonderheiten der Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten hinaus Bedeutung hinsichtlich zweier allgemein interessierender Problemkreise.

Terminsreisekosten

Notwendigkeit der getrennten An- und Abreise der Anwälte

Zutreffend verweist das OLG Frankfurt darauf, dass ein Anwalt – das war hier der mit dem eigenen Kfz fahrende Patentanwalt – nicht verpflichtet ist, in seinem Fahrzeug einen Kollegen mit zu befördern, selbst wenn er derselben Sozietät angehört. Insoweit befindet sich das OLG auf der Linie der Entscheidung des LG Stuttgart (AGS 2014, 98), das die getrennte Anreise von Rechtsanwalt und Mandant als notwendig angesehen hat und des LG Cottbus (AGS 2006, 463 mit Anm. N. Schneider), das die getrennte Fahrt von zwei Pflichtverteidigern zur Justizvollzugsanstalt, die derselben Kanzlei angehörten, aber verschiedene Angeklagte vertreten hatten, als erforderlich i.S.v. § 46 Abs. 1 RVG angesehen hat.

Getrennte Reise des Prozessbevollmächtigten und des Mandanten

In der Praxis stellt sich vielfach die Frage, ob der auswärtige Prozessbevollmächtigte verpflichtet ist, im Rahmen der Terminsreise den Mandanten in dem eigenen Kraftfahrzeug mitzunehmen. Das ist schon aus haftungsrechtlichen Gründen zu verneinen. Außerdem sprechen vielfach auch tatsächliche Umstände für eine getrennte Reise, etwa wenn der Anwalt im Anschluss an den Termin noch einen weiteren Termin an dem auswärtigen Gericht oder in dessen Nähe wahrzunehmen hat.

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