Im Prozess behauptet der Kläger meist eine Körperverletzung durch den Unfall, auf die er seine Beschwerden und die dadurch verursachte Erwerbsunfähigkeit zurückführt. Wenn das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten keinen körperlichen Befund ergibt, der die Beschwerden des Klägers erklärt und auch keine Anhaltspunkte für eine Simulation dieser Beschwerden bestehen, stellt sich die Frage, ob diese auf einer psychischen Fehlverarbeitung beruhen. Dann wird oft bereits der orthopädische Sachverständige eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung anregen. Das kann der Kläger aufgreifen, indem er ein solches Gutachten beantragt.

Nach Auffassung des OLG Hamm[16] reicht bereits ein solcher Antrag, um eine psychische Fehlverarbeitung substantiiert vorzutragen. Bleibt der Kläger hingegen bei seinem Vortrag, er habe sehr wohl körperliche Schäden erlitten, hat das Gericht nicht etwa von Amts wegen die Frage einer psychischen Fehlverarbeitung aufzugreifen und begutachten zu lassen, sondern muss lediglich prüfen, ob eine weitere Begutachtung zu den Körperschäden erforderlich ist. Wird die psychische Fehlverarbeitung erst im Revisionsverfahren geltend gemacht, ist das mit Sicherheit zu spät. Verfehlt ist es jedenfalls, mit der Revision vorzutragen, dass der Kläger – wenn er die Rechtsprechung zum psychischen Folgeschaden gekannt hätte – einen solchen in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht hätte. Einen solchen Fall hatten wir tatsächlich und es lässt sich denken, wie er ausgegangen ist. Zwar kann im Einzelfall eine psychische Fehlverarbeitung (auch) darin bestehen, dass der Geschädigte seine Beschwerden auf eine körperliche Ursache zurückführt, die tatsächlich nicht mehr existiert oder vielleicht nie existiert hat, und es kann sicher eine Störung der Gesundheit im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB darstellen, wenn sich dieser Irrtum derart verfestigt, dass er sich als psychische Störung manifestiert oder in eine solche konvertiert und dann zur Erwerbsunfähigkeit führt. Das müsste aber im Prozess vorsorglich geltend gemacht werden. Die Frage, ob der Anwalt dies für seinen Mandanten vortragen soll oder darf, auch wenn dieser in Verkennung seines Zustands auf dem Vorliegen einer Körperverletzung beharrt, kann ich aus richterlicher Sicht nicht beantworten, sondern muss das den erfahrenen Anwälten überlassen.

[16] VersR 2002, 448.

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