“ … I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 4.102,58 EUR aus § 1 VVG i.V.m. den Versicherungsbedingungen AHB zu.

1. Unstreitig bestand zwischen den Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles ein Versicherungsvertrag nach § 1 VVG. Die Ansprüche, deren Deckung die Klägerin von der Beklagten verlangt, sind nach § 1 AHB Gegenstand der Versicherung. Der Versicherer gewährt danach Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsnehmer u.a. wegen eines Sachschadens auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Diese Voraussetzungen sind – was erstinstanzlich außer Betracht geblieben ist – auch gegeben, wenn der Versicherungsnehmer nach § 536 a Abs. 1 BGB Ersatz leisten muss, weil die vermieteten Räume zum Zeitpunkt der Überlassung an den Mieter mit einem die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebenden Mangel behaftet sind (so bereits BGH Z 43, 88-94 zu § 538 BGB a.F.). Der danach dem Mieter zustehende Ersatzanspruch beschränkt sich nicht nur auf das eigentliche Erfüllungsinteresse an dem Leistungsgegenstand – einen durch den Sachmangel nicht beeinträchtigten Gebrauch der gemieteten Räume –, sondern umfasst auch die Schäden, welche der Mieter durch den Sachmangel an seinen eingebrachten Sachen, wie hier an seinem Pkw, erlitten hat (vgl. BGH, a.a.O.). Insoweit handelt es sich nicht um die bloße Erfüllung des Mietvertrages oder um eine an die Stelle der Vertragserfüllung tretende Ersatzleistung, sondern um den Ersatz von Schäden, die ihren Grund zwar in der vertraglich übernommenen, schlecht erfüllten Garantie für eine ordnungsgemäße Beschaffenheit der Mietsache haben, aber erst durch ein hinzutretendes außervertragliches Ereignis eine über das Erfüllungsinteresse hinausgehende Entwicklung genommen haben (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.).

Für eine mangelhafte Befestigung des Abflussrohres entsprechend dem Vortrag der Klägerin und damit das Vorhandensein eines Mangels i.S.v. § 536 BGB spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins, nachdem sich das Rohr gelöst hat und herunter gestürzt ist. Nach dem Ergebnis … steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass sich – wie von der Klägerin behauptet – das bereits bei Abschluss des Mietvertrages am 16.10.2003 durch die Garage über die Stellfläche für das Kraftfahrzeug des Mieters M hinweg verlaufende, nur unzureichend befestigte Abwasserrohr gelöst hat, auf das Fahrzeug des Mieters gestürzt ist und dieses beschädigt hat. …

2. Entgegen der Ansicht des LG und der Beklagten ist sie auch nicht wegen vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Obliegenheitsverletzungen i.S.v. § 5 Nr. 2, 4 und 5 AHB von ihrer Leistungsverpflichtung gem. §§ 5 Nr. 5, 6 AHB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG frei geworden. Nach § 5 VHB ist der Versicherungsnehmer u.a. verpflichtet, im Falle der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs gegen ihn dem Versicherer unverzüglich Anzeige zu erstatten und ihm die Prozessführung zu überlassen; er ist nicht befugt, einen Haftpflichtanspruch ohne vorherige Zustimmung des Versicherers anzuerkennen oder zu befriedigen. Diese Obliegenheiten hat die Klägerin bzw. die sie vertretende Hausverwaltung und der von ihr beauftragte Rechtsanwalt im vorliegenden Fall zwar objektiv dadurch verletzt, dass sie der Beklagten weder die gerichtliche Geltendmachung unverzüglich nach Zustellung der Klageschrift am 6.4.2006, sondern erst am 18.5.2006 angezeigt, noch ihr die Prozessführung überlassen und darüber hinaus den geltend gemachten Anspruch anerkannt und befriedigt hat. Eine umfassende Leistungsfreiheit der Beklagten nach §§ 5 Nr. 5, 6 AHB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG ist aber trotzdem nicht eingetreten, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Obliegenheitsverletzungen vorsätzlich begangen worden sind.

Gegen die gesetzliche Vorsatzvermutung in § 6 Abs. 3 VVG streitet vorliegend nämlich eine überwiegende tatsächliche Vermutung, die die gesetzliche Vermutung entkräftet. Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass in aller Regel kein vernünftiger Versicherungsnehmer durch einen vorsätzlichen Verstoß gegen Obliegenheiten sich Rechtsnachteile im Verhältnis zum Versicherer zuziehen will (vgl. hierzu BGH VersR 1981, 321; OLG Hamm VersR 1997, 1341). Demgegenüber muss in dem Umstand, dass die Klägerin bzw. die sie vertretende Hausverwaltung den Geschädigten ohne Zustimmung der Beklagten befriedigt hat, obwohl sie bzw. der von ihr beauftragte Rechtsanwalt davon ausgegangen ist, dass die Beklagte die Erfüllung des Schadens endgültig verweigerte, nicht zwangsläufig ein Indiz für eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung gesehen werden; vielmehr kann die Erklärung für dieses Verhalten auch in einem Irrtum dergestalt gefunden werden, dass die Klägerin bzw. die für sie handelnde Person der Meinung war, die Ablehnung der Beklagten von Schadenersatzansprüchen des geschädigten Mieters bedeute zugleich eine Ablehnung des Versicherungsschutzes. Ein solc...

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