Hinweis

Durch die mit Schriftsatz vom … angebotenen Beweismittel wäre Beweis über … durch die Vernehmung der angebotenen Zeugen … beziehungsweise durch die Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens zu erheben gewesen.

Dem wurde seitens des Gerichts jedoch nicht nachgegangen. Hierin ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG zu sehen, so dass die Entscheidung des Gerichts schon aus diesem Grund keinen Bestand haben kann.

Zwar enthält die ZPO keine ausdrückliche Regelung zur Beachtung von Beweisangeboten, jedoch stellt dies die Pflicht des Gerichts die angetretenen Beweise zu erheben nicht in Frage. Insofern darf ein entscheidungserheblicher Beweisantritt nur in Ausnahmefällen unbeachtet gelassen werden, da aus dem Justizgewährungsanspruch ein "Recht auf Beweis" folgt. Mithin stellt das unberechtigte Versagen einer Beweiserhebung einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör dar. (BVerfG NJW 1991, 285; BVerfG NJW 1979, 413; Greger/Zöller, ZPO, 34.Aufl. 2022, Vor § 284 Rn. 8b.)

Vorliegend war es jedoch gerade im Blick auf die Frage, ob … im Weiteren entscheidend festzustellen, ob … .

Deshalb werden die mit Schriftsatz vom … angebotenen Beweisangebote hiermit ausdrücklich nochmals angeboten.

Beweis: …

Im Weiteren waren weder Anhaltpunkte für eine fehlende Entscheidungserheblichkeit, fehlende Beweisbedürftigkeit oder Ungeeignetheit des angebotenen Beweismittels ersichtlich. Somit hätte das Gericht den Beweisangeboten nachgehen müssen.

 

Erläuterung:

Leider kommt es immer wieder vor, dass Gerichte ein Urteil fällen, ohne vollständig Beweis erhoben zu haben. Freiheit in der Beweiswürdigung heißt nicht Freiheit in der Beweiserhebung (Greger/Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 286 Rn. 12). Wo eine entscheidungserhebliche Frage streitig ist, sind die dafür angebotenen Beweise, sofern sie zur Beweisführung zulässig, geeignet und von der beweisbelasteten Partei bzw. gegenbeweislich von deren Gegner angeboten sind, zu erheben. Erst nach dieser Beweiserhebung ist Raum für die richterliche Beweiswürdigung. Eine Vorwegnahme der Würdigung eines noch nicht erhobenen Beweises ist unzulässig und verletzt, ebenso wie die Nichterschöpfung der angebotenen Beweise, die Vorschrift des § 286 Abs. 1 ZPO (Greger/Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 286 ZPO, Rn. 12). Die Nichteinholung des von einer Partei angebotenen Beweismittels stellt eine nicht ausreichende Ausschöpfung der angebotenen Beweise dar, weshalb das Urteil rechtsfehlerhaft ist. Das unberechtigte Übergehen eines Beweisantrages ist Versagung rechtlichen Gehörs (BVerfG, NJW 1991, 285; NJW 1984, 1150) und von daher rechtsfehlerhaft.

Als Ablehnungsgründe anerkennt die Rechtsprechung insbesondere die fehlende Entscheidungserheblichkeit des Beweisthemas, die fehlende Beweisbedürftigkeit, die Ungeeignetheit des Beweismittels, die Unzulässigkeit der Beweiserhebung, die Unerreichbarkeit des Beweismittels sowie das Bewiesensein der Behauptung.

Hält ein Richter den Beweis bereits auf Grund anderer Beweismittel für erbracht, braucht er z.B. bei einer Vielzahl benannter Zeugen den weiter angebotenen Beweis nicht mehr zu erheben. Zulässig bleibt aber stets der Gegenbeweis (BGHZ 53, 245 (260)). Eine Beweiserhebung darf daher nicht mit der Begründung abgelehnt werden, das Gegenteil sei bereits erwiesen (BGH, NJW-RR 2002, 1072 (1073)).

Autor: Andy Ziegenhardt

RA Andy Ziegenhardt, FA für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht, Erfurt

zfs 5/2023, S. 243

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge