StVG § 3 Abs. 1 S. 1; FeV § 46 Abs. 1 S. 1; FeV Anlage 4 Nr. 9.1

Leitsatz

1. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV entfällt bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG (ausgenommen Cannabis) die Fahreignung. Dies gilt unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen. Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sind oder wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat (vgl. BayVGH, Beschl. v. 4.4.2019 – 11 CS 18.2613 –, juris Rn 13; Beschl. v. 26.3.2019 – 11 CS 18.2333 – juris Rn 11).

2. Hat der Betroffene zunächst gegenüber den Polizeibeamten mehrfach geäußert, dass er kokainabhängig sei, dass er aktuell ein Gramm Kokain und in den Vortagen ebenfalls Kokain konsumiert habe, bedarf es konkreter Anhaltspunkte und eines substantiierten und glaubhaften Vortrages dafür, warum er dies ursprünglich wahrheitswidrig behauptet haben sollte. Die pauschale bloße Behauptung des Vorliegens einer "psychischen Ausnahmesituation", die zu einem – dann aber nicht belegten – stationären Klinikaufenthalt geführt haben soll, reicht jedenfalls dazu nicht.

3. Es bestehen erhebliche Gefahren für gewichtige Rechtsgüter (Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer sowie fremdes Eigentum), wenn der betr. Kraftfahrer beim Nachweis harter Drogen in der Zwischenzeit mit Kraftfahrzeugen am Verkehr teilnähme, obwohl ihm hierzu die erforderliche Eignung fehlte. Dies gilt insbesondere, wenn er beruflich als Busfahrer in der Personenbeförderung tätig ist. Die Nachteile, welche der Verlust der Fahrerlaubnis für ihn bis zur Entscheidung in der Hauptsache für den Betroffenen mit sich bringt (finanzielle Auswirkungen auf seine Familie), vermögen diese Gefahren nicht aufzuwiegen.

(Leitsätze der Schriftleitung)

OVG für das Land Schleswig-Holstein, Beschl. v. 11.2.2022 – 5 MB 2/22

1 Hinweis

Zur Problematik s.a. die folgende Entscheidung des VG Oldenburg. Zum "Konsum harter Drogen und Entziehung der Fahrerlaubnis": Müller/Rebler, SVR 2021, 165; zur Begutachtung der Fahreignung ausführlich: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Aufl. 2022, Anhang zu § 2 StVG Rn. 1 ff. S. a. BayVGH, Beschl. v. 3.12.2021 – 11 CS 21.1477: Hat der Betr. ausweislich des Polizeiberichts Kokain konsumiert und hat er dies ausweislich dieses Berichts sowie dem Eintrag im Protokoll und Antrag zur Feststellung von Drogen im Blut gegenüber dem Polizeibeamten bekundet, dann muss er sich daran festhalten lassen, gerade auch, wenn er das letztgenannte Protokoll unterzeichnet hat.

zfs 5/2022, S. 297 - 298

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