Zudem muss diese Tätigkeit auch gesondert zu vergüten sein. Insoweit ist zu beachten, dass diese Maßnahmen grundsätzlich gesamtgesellschaftlichen Anforderungen entsprechen, die in einer Vielzahl von Bereichen im Alltag eingehalten werden. Dies ist wiederum aber auch ein gewichtiges Argument dafür, dass solche Maßnahmen – wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen auch – nicht gesondert vergütet werden.[11] Man denke nur an eine Vielzahl an Kontaktmöglichkeiten bei einem öffentlichen Kundenverkehr, bei dem solche Maßnahmen ohne zusätzliche Kosten umgesetzt werden – wie beispielsweise bei Restaurants, Hotels, Fitnessstudios oder aber auch z.B. der anwaltlichen Beratung. Hier würde der Kunde in vielen Fällen äußerst erstaunt reagieren, wenn bei der erbrachten Dienst- oder Werkleistung ein solcher Aufschlag gefordert würde.

Nun bedarf dies natürlich einer konkreten Betrachtung des jeweils betroffenen Gewerbes. Dabei ist allerdings auch zu beachten, dass es schon vor der Pandemie bei der Reparatur von Fahrzeugen üblich gewesen ist, zur Schonung des Innenraumes entsprechende Schonbezüge einzusetzen, ohne dass diese dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt werden.[12] Es spricht also vieles dafür, dass – zumindest ohne eine konkrete Vereinbarung – üblicherweise für derartige Tätigkeiten keine gesonderte Vergütung vorgesehen ist.[13] Dies gilt erst Recht, wenn diese zusätzliche Reinigung als Erschwernis angesehen wird, welches unter dem Gesichtspunkt der Allgemeinkosten üblicherweise vom Betrieb selbst als Auftragnehmer getragen wird.[14] Allerdings kann dies auch wiederum kontrovers erörtert werden, wenn bedacht wird, dass diese Erschwernis gerade nicht erst nach Erteilung des Auftrags aufgetreten ist.[15]

In diesem Zusammenhang kann auch zu prüfen sein, welche Abrechnung markengebundene Fachwerkstätten in der betroffenen Region üblicherweise vornehmen. Aus eigener Erfahrung ist den Autoren z.B. bekannt, dass bei ihren Markenmodellen bei der eigenen Wartung/Reparatur als Kunde keine gesonderte Abrechnung dieser Maßnahmen als Aufschlag erfolgt, bei den Rechnungen gegenüber einem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer im Haftpflichtfall derartige Aufschläge dagegen auf einmal vorkommen – ein Sondertarif als Folge eines gespaltenen Markts zu Lasten der Versichertengemeinschaft bei einem fremdverursachten Verkehrsunfall ist jedoch nicht als Schadensersatz zu erstatten.[16]

Teilweise wird in der Literatur[17] auch eine weitere Parallele zu den gesamten Reinigungskosten des Kfz bei Gelegenheit der Reparatur gezogen und auf eine Auffassung in der Rechtsprechung hingewiesen, welche diese Aufwendungen i.d.R. nicht für erstattungsfähig hält, da sie bereits im Arbeitslohn enthalten sind und nicht zum unmittelbaren Herstellungsaufwand gehören sollen.[18] Diese Beurteilung mag zwar durchaus in Frage gestellt werden – es bleibt aber der berechtigte Hinweis, dass in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens üblicherweise im Wirtschaftskreislauf von einem Dienstleister für diese Maßnahmen kein gesonderter Aufschlag erhoben wird.[19] Wenn die Kosten einer Fahrzeugreinigung dagegen insgesamt für erforderlich erachtet und gesondert abgerechnet werden, stellt sich im Übrigen die berechtigte Frage, welche zusätzlichen erheblichen Kosten berechtigter Weise bei der Reinigung für Desinfektionsmaßnahmen noch erhoben werden sollen. Dieser Aufwand muss dann auch nachvollziehbar dargelegt werden.

[11] AG Eggenfelden, Urt. v. 22.2.2021 – 1 C 579/20, juris; AG Hannover, Urt. v. 10.2.2021 – 431 C 9575/20, juris.
[12] Balke, SVR 2021, 72.
[13] LG Stuttgart, Urt. v. 27.11.2020 – 19 O 145/20, juris; AG Solingen, Urt. v. 20.1.2021 – 13 C 288/20; AG Neu-Ulm vom 28.10.2020 – 5 C 720/20.
[14] AG Pforzheim, Urt. v. 17.11.2020 – 4 C 208/20.
[15] Vgl. AG Düren, Urt. v. 26.2.2021 – 45 C 15/21, juris.
[16] Vgl. hierzu nur die deutlichen Hinweise des BGH zu der entsprechenden Entwicklung bei einem Mietwagengeschäft seit BGH v. 12.10.2004 – VI ZR 151/03 = NJW 2005, 51.
[17] Wenker, jurisPR-VerkR 7/2021 Anm. 2.
[18] . Vgl. auch AG Düsseldorf, Urt. v. 4.3.2020 – 291c C 25/19; AG Überlingen, Urt. v. 19.9.2019 – 3 C 96/19; AG Tuttlingen, Urt. v. 26.6.2019 – 3 C 683/18 und AG Augsburg, Urt. v. 10.3.1998 – 14 C 7684/97; entgegen AG Dinslaken, Urt. v. 23.5.2018 – 30 C 404/17 und AG Weiden, Urt. v. 28.6.2016 – 1 C 318/16, jeweils juris.
[19] AG Hannover, Urt. v. 10.2.2021 – 431 C 9575/20, juris.

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