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Die Klage ist auch begründet. Die Kl. hat gem. §§ 125, 126 VVG i.V.m. dem Versicherungsvertrag gegen die Bekl. einen Anspruch auf Bewilligung von Rechtsschutz für die beabsichtigte Klage gegen die C.L. AG.

Die Bekl. kann die Gewährung von Versicherungsschutz nicht unter Hinweis auf mangelnde Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung nach § 3a Abs. 1 ARB 2010 verweigern. Denn die Ablehnung der Gewährung von Versicherungsschutz durch die Bekl. erfolgte verspätet und in einem solchen Fall kann sich ein Rechtsschutzversicherer nicht darauf berufen, für die beabsichtigte Rechtsverfolgung bestünden keine Erfolgsaussichten.

Die beabsichtigte Klage gegen die C.L. AG fällt unter das versicherte Risiko. Der von der Kl. bei der Bekl. abgeschlossene Versicherungsvertrag betrifft eine Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutzversicherung. Der Versicherungsschutz umfasst nach § 26 Abs. 2a) ARB 2010 auch Rechtsschutz im Vertragsrecht i.S.v. § 2d) ARB 2010. Der Anspruch, den die Kl. geltend zu machen beabsichtigt, hat seine Grundlage im Versicherungsvertrag zur Berufsunfähigkeitsversicherung, also in einem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis.

2. Nach § 3a Abs. 1a) S. 1 ARB 2010 kann der Versicherer seine Leistungspflicht verweigern, wenn er der Auffassung ist, dass die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint Dem Versicherer steht insoweit ein Ablehnungsrecht zu. Nach § 3a Abs. 1a) S. 2 ARB 2010 hat die Ablehnung gegenüber dem Versicherungsnehmer unverzüglich und schriftlich unter Angabe der Gründe zu erfolgen. Dies ist vorliegend nicht geschehen.

Nach st. Rspr. des BGH verliert der Rechtsschutzversicherer sein Ablehnungsrecht, wenn er den Einwand der fehlenden Erfolgsaussichten nicht in der gebotenen Form und Frist erhebt (BGH NJW-RR 2016, 1505). Unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB), bedeutet, dass die Ablehnung innerhalb des Zeitraums erfolgen muss und auch nur erfolgen kann, den der Versicherer bei sachgerechter, nicht schuldhaft verzögerter Prüfung für seine Entschließung benötigt (…). Zwar gibt es hierfür keine starre Frist, in Rechtsprechung und Literatur wird aber regelmäßig auf eine Bearbeitungszeit von zwei bis drei Wochen ab vollständiger Information des Rechtsschutzversicherers abgestellt (…).

Eine solche Frist hat die Bekl. nicht eingehalten. Nach Eingang des Antrags auf Erteilung von Kostendeckungsschutz hat sie mit einem Schreiben vom 25.9.2018 die Kl. zur Übersendung zahlreicher Dokumente aufgefordert, um die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Klage gegen die C.L. AG prüfen zu können. Nachdem die Kl. diese Unterlagen der Bekl. mit einem Schreiben vom 18.10.2018, das bei der Bekl. am 25.10.2018 einging, übersandt hatte, hat diese erst mit einem Schreiben vom 26.11.2018 den Antrag auf Gewährung von Versicherungsschutz abgelehnt. Zwischen der vollständigen Information der Bekl. und der Mitteilung einer Ablehnung lagen damit 32 Tage, also 4 ¼ Wochen, so dass selbst bei Zugrundelegung eines großzügigeren Bearbeitungszeitraums von 3 Wochen diese Zeitspanne deutlich überschritten war.

Die Bekl. kann sich nicht darauf berufen, angesichts des Umfangs der ihr auf das Schreiben vom 25.9.2018 übersandten Unterlagen sei ein längerer Zeitraum als die regelmäßig zugrunde gelegte Dauer von zwei bis drei Wochen erforderlich gewesen. Nach Darstellung der Bekl. hatten die von der Kl. übersandten Unterlagen einen Umfang von ca. 50 Seiten. Dies stellt in Anbetracht des Umfangs, den Versicherungsunterlagen häufig haben, keinen ungewöhnlich großen Umfang dar. Zudem ist zu berücksichtigen, dass dem bei der Bekl. zuständigen Sachbearbeiter aufgrund des zuvor übersandten Antrags auf Kostendeckungsschutz der Sachverhalt, der der angestrebten Klage gegen die C.L. AG zugrunde lag, bereits in seinen wesentlichen Zügen bekannt war. Vor diesem Hintergrund war ein Prüfungszeitraum von 3 Wochen ausreichend. Dass der zuständige Sachbearbeiter in dem Zeitraum nach Erhalt der Unterlagen vom 29.10. bis zum 2.11.2018 Urlaub hatte, führt zu keiner anderen Bewertung. Die Bekl. muss ihren Geschäftsbetrieb so organisieren, dass auch in Urlaubszeiten die regelmäßig maßgebliche Zeitspanne für eine Prüfung nicht überschritten wird. Zudem wäre selbst bei Ausklammerung der Urlaubszeit einschließlich des anschließenden Wochenendes die Frist für eine unverzügliche Ablehnung nicht eingehalten, da bei Abzug von einer Woche immer noch eine Zeitspanne von 3 ¼ Wochen verblieb. …“

zfs 5/2020, S. 281 - 282

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