Es könnte so einfach sein: Der rechtsschutzversicherte Mandant wendet sich mit seiner Bußgeldsache an den Verteidiger. Dieser kann ohne Kostenrisiko den Verkehrssachverständigen den Messvorgang auf etwaige technisch bedingte Verteidigungsansätze überprüfen lassen. So einfach ist die Welt des Bußgeldverfahrens aber nicht. Erstens: Den Betroffenen ohne Verkehrsrechtsschutz und ohne Mittel für das Privatgutachten gibt es nach wie vor. Zweitens: Es gibt nicht wenige Kollegen, die trotz Rechtsschutz selten Messgutachten einholen, und aus eigenem Antrieb technische Nachschlagewerke bemühen. Drittens: Es sollte jeder Verkehrsrechtler im Bereich Ordnungswidrigkeitenverfahren ein gewisses technisches Grundwissen besitzen, um zumindest die Erstberatung ohne Händchenhalten eines Ingenieurs zu meistern.

Kurzum: Mindestens ein messtechnisch orientiertes Handbuch gehört in jede Kanzlei, in der Bußgeldmandate angenommen werden. Eines dieser Bücher ist der Beck/Löhle. Die zwölfte Auflage trägt im Aufbau der Tatsache Rechnung, dass es, so das Vorwort, "sowohl um die rechtliche Einordnung technischer Aspekte geht als auch um die technische Beantwortung juristischer Fragen." Technische und juristische Fragen werden daher fortan gemeinsam zum jeweiligen Messsystem erörtert, und nicht mehr klassisch getrennt. Der juristische Teil ist m.E. auffällig schmal gehalten, was angesichts des technischen Schwerpunkts hinnehmbar ist.

Wer noch keine der Vorauflagen kennt, sollte wissen, dass das Werk durch den Ablauf des Bußgeldverfahrens im Allgemeinen eröffnet wird. Fragen der Verfolgungsverjährung, der Wiedereinsetzung in versäumte Fristen sowie die Rechtsbeschwerde werden sogar altgediente OWi-Rechtler immer wieder zum Nachschlagen bewegen. Grundlagen zum Verwaltungsverfahren, Akteneinsicht und Tatsacheninstanz richten sich hingegen mutmaßlich zuerst an Berufs- und Quereinsteiger sowie die immer wieder in Erscheinung tretenden Kollegen, die das Bußgeldverfahren der Stammmandantschaft "so nebenher" mit erledigen, obschon es ihnen eher nicht liegt.

Rund 380 der etwa 511 Seiten sind den einzelnen Geschwindigkeits- und Abstandsmessverfahren sowie der Rotlichtüberwachung gewidmet. Der Tatvorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung macht immerhin den Schwerpunkt aller Bußgeldverfahren aus (so LG Potsdam, Beschl. v. 28.1.2019 – 24 Qs 11/19). Soweit durch den Verfasser im Vorfeld dieser Besprechung mit dem Buch in der Kanzlei gearbeitet wurde, sind die Messverfahren für den technischen Laien präzise, in gebotener Kürze (nicht zu verwechseln mit Oberflächlichkeit) und vor allem nachvollziehbar dargestellt. Das gilt vor allem für die möglichen Fehlerquellen einer Messung. Vorschläge für etwaige Beweisanträge runden das Werk ab; denn gerade das Umsetzen des technischen Wissens in die prozessualen Formen von OWiG und StPO muss am Ende in der Hauptverhandlung gelingen.

Fazit:

Praxisorientierte Anwaltshandbücher sind in den letzten Jahren zurecht im Trend. "Fehlerquellen bei polizeilichen Messverfahren" gehört zu jenen, die man bedenkenlos zur täglichen Arbeit (oder gerade bei fehlender Erfahrung/Kenntnis) anschaffen sollte.

Autor: Heiko Urbanzyk

RA Heiko Urbanzyk, FA für Strafrecht, Coesfeld

zfs 5/2019, S. 254 - 255

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