ARB 2005 § 2a § 4 Abs. 1 S. 3

1. Macht der Versicherungsnehmer Schadensersatzansprüche sowohl aus Vertrag als auch aus deliktischer Verletzung des Persönlichkeitsrechts geltend, ist nach § 2 a) ARB 2005 eine Wartefrist einzuhalten.

2. Wird Rechtsschutz für die Geltendmachung von Schadensersatz gegen den Arbeitgeber begehrt, kann der den Deckungsbeginn bestimmende Rechtsverstoß durch einen "tatsächlichen Chef" begangen worden sein, auch wenn diesem formal keine Direktionsbefugnis zukommt.

3. Wird ein Schadensersatzanspruch auf Mobbing gestützt, können auch rechtswidrige Verhaltensweisen, die der Arbeitnehmer gerade noch zu ertragen bereit war, den zeitlich maßgeblichen Rechtsverstoß darstellen.

OLG Saarbrücken, Urt. v. 11.11.2009 – 5 U 63/09

Der Kläger wurde zum 1.8.2007 auf seinen Antrag hin als Mitversicherter in den Rechtsschutzversicherungsvertrag seiner Lebensgefährtin aufgenommen. Er war Vertriebsleiter bei der H-R GmbH mit einem bis 1.5.2012 laufenden Vertrag. Ab dem 23.7.2007 begann der frühere Geschäftsführer der H-R GmbH, Herr R, der nach übereinstimmender Auffassung der Parteien das Unternehmen weiter beherrschte, den Kläger zu belästigen, indem er ihn zu einem bestimmten Wahlverhalten bei den nächsten Landtagswahlen aufforderte, ihn aufforderte, ihn täglich telefonisch über Geschäftsabläufe zu unterrichten und ihm androhte, er werde das Arbeitsverhältnis sofort kündigen, wenn er dem nicht folge, und einen im Einzelnen dargestellten derben Umgangston pflegte. Am 8.11.2007 forderte der Kläger den Geschäftsführer M der Fa. H-R auf, das Verhalten des Herrn R abzustellen. Das Arbeitsverhältnis wurde Anfang 2008 aufgelöst. Für die Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld mit einem Streitwert von 587.040 EUR verlangt der Kläger Ersatz der ihm entstandenen Anwaltskosten.

Aus den Gründen:

“… 1. Das LG hat einen Anspruch des Klägers, ihn von der Zahlungsverpflichtung aus der Kostenrechnung seines Prozessbevollmächtigten vom 11.11.2008 in Höhe von 16.717,12 EUR freizustellen, im Ergebnis zu Recht verneint … Der Versicherungsfall ist in unversicherter Zeit eingetreten …

b. Die Berechtigung der Ansprüche des Klägers richtet sich nach den Voraussetzungen der in § 2 b) ARB 2005 geregelten Leistungsart des Arbeitsrechtsschutzes.

(1) Die Regelung des § 2 b) ARB 2005 ist weit gefasst. Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen ‘aus Arbeitsverhältnissen’ betrifft die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen, die in einem bestehenden Arbeitsverhältnis ihre rechtliche Grundlage haben (VersRHdb/Obarowski, § 37 Rn 35). Die hier relevante rechtliche Auseinandersetzung steht im Zusammenhang mit vom Kläger als unzumutbar empfundenen Beeinträchtigungen seiner Tätigkeit als Arbeitnehmer der H-R-GmbH durch Herrn R, deren Unterbindung er begehrte, und aus welchen er Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche herleitet. Dies ist eine arbeitsrechtliche Streitigkeit.

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers kann er sich nicht zugleich auf eine Leistungspflicht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzrechtsschutzes nach § 2 a) ARB 2005 berufen, für welchen bestimmte Einschränkungen – wie etwa die Wartefrist des § 4 Abs. 1 S. 3 ARB 2005 – nicht gelten. Es ist ohne Belang, ob in dem Unterlassen der Geschäftsführung der Arbeitgeberin, den Kläger vor Herrn R in Schutz zu nehmen, eine dieser zuzurechnende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt und inwieweit hieraus Schadensersatzansprüche begründet sein könnten. Jedenfalls bezieht sich § 2 a) ARB 2005 auf die ‘Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, soweit diese nicht auch auf einer Vertragsverletzung [ … ] beruhen’. Mit dieser Formulierung ist – anders als etwa in § 2 a) ARB 1994 – klargestellt, dass in Fällen, in denen ein bestimmtes Verhalten neben deliktischen Schadensersatzansprüchen zugleich (hier: arbeits-)vertragliche auslöst, kein Schadensersatzrechtsschutz besteht (vgl. Harbauer/Stahl, § 2 ARB 94/2000, Rn 3a; VersRHdb/Obarowski, § 37 Rn 28).

Soweit der Kläger in seiner Berufungsbegründung ein außervertraglich ausgelöstes Schadensereignis daraus herleiten will, dass er den Arbeitsvertrag gar nicht abgeschlossen hätte, wenn er über das zu erwartende Verhalten des Herrn R in Kenntnis gesetzt worden wäre, sind damit die Voraussetzungen eines Rechtsschutzfalls im Schadensersatzrechtsschutz nicht schlüssig begründet. Der Kläger selbst hat zugleich vorgetragen, er habe vor Abschluss des Arbeitsvertrages Erkundigungen eingezogen und um die Derbheit des Umgangs von Herrn R gewusst, der im Übrigen schon im Hinblick auf seine monatlich in der Zeitschrift ‘S-spiegel’ veröffentlichten Schmähschriften jedem in der Region ‘persönlich und charakterlich bekannt’ sei. Mit dem Sachvortrag, er sei sich zwar im Klaren gewesen, dass die Situation schlimm werde, man hätte ihm aber sagen müssen, dass sie noch schlimmer werde als erwartet, ist ein Schadensereignis als äußerer Vorgang, der einen Schaden unmittelbar herbeizuführen geeignet ist, nicht dargetan ( … ).

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