Nationale Rechtsunterschiede gibt es bei praktisch jeder Schadenposition, im Sach- wie auch im Personenschaden. Darüber hinaus ist auch das Haftungsrecht in den Ländern sehr unterschiedlich gestaltet. Aber auch z.T. sehr kurze Verjährungsfristen (zum Beispiel in Spanien 1 Jahr) gilt es zu beachten. Einige Unterschiede sollen hier exemplarisch aufgezeigt werden.

1. Haftung

Hinsichtlich der Haftung sind in Europa verschiedene Regelungsmodelle vertreten, einige Beispiele:

  • eine reine Verschuldenshaftung (in Großbritannien)
  • das vermutete Verschulden (in Italien – hier ist der Regelfall die hälftige Haftungsvermutung bei einer Kollision zweier Fahrzeuge)
  • eine Beteiligtenhaftung wie in Frankreich. Die bei allen Schäden durch Kfz anwendbare Rechtsgrundlage "Loi Badinter" begründet (neben einigen anderen Regelungen) einen Entschädigungsanspruch bereits bei bloßer Beteiligung des Kfz, wobei hier bei Sachschäden ein Mitverschulden des Fahrzeugführers zu berücksichtigen ist (dies wird meist mit 50 % angesetzt). Sog. privilegierten, z.B. nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern und Insassen kann kein Mitverschulden entgegengehalten werden.[23]

Ist bei einem Sachschaden nicht zu klären, wer für den Schaden verantwortlich ist, haftet jeder zu 100 % für den Schaden des anderen.[24]

Die Klärung der Haftungsfrage in 4. KH-Richtlinie-Fällen erfordert eine enge Abstimmung zwischen Schadenregulierungsbeauftragtem und dem haftenden Versicherer, da der Schadenregulierungsbeauftragte meist auf Unterlagen wie das Polizeiprotokoll etc. aus dem Unfallland und auf die rechtliche Einschätzung des haftenden Versicherers zur Haftung angewiesen ist.

[23] Nur die sog. Faute inexcusable Art. 3, soweit diese die einzige Ursache des Unfalls war.
[24] Sog. Réparation réciproque intégrale- double application des Art. 4.

2. Ersatz des Sachschadens

Im Rahmen des Fahrzeugschadens werden viele der Positionen, die nach deutschem Schadenersatzrecht zu ersetzen sind, im Ausland als nicht oder nur im engen Rahmen erstattungsfähig angesehen.

Zwischen Schadenregulierungsbeauftragtem und dem Geschädigten ist es erfahrungsgemäß unerlässlich, den Geschädigten zum frühestmöglichen Zeitpunkt über das anwendbare Recht zu informieren, damit der Geschädigte sich bei manchen getätigten Aufwendungen bewusst ist, das nicht alles wie im deutschen Recht ersetzt wird. Hier besteht naturgemäß oft ein Spannungsfeld zwischen den Erwartungen des Geschädigten und den zu ersetzenden Sachpositionen, das es abzumildern gilt.

a) Reparaturkosten

Reparaturkostenrechnungen werden an sich nach allen Rechtsordnungen ersetzt. Allerdings bestehen erhebliche Divergenzen im Hinblick auf das Reparaturkostenniveau in verschiedenen Ländern auf Grund der Kosten der Ersatzteile, Höhe der Stundenverrechnungssätze, Restwerte und den Standards der Reparatur, die eine Reparatur im Unfallland im Vergleich zu Deutschland oft erheblich preiswerter machen. Es stellt sich die Frage für alle Beteiligten, wie damit umzugehen ist.

In allen EU-Mitgliedstaaten gibt es zwei grundlegende Prinzipien der Schadenregulierung: Der Schaden soll umfassend ersetzt werden, soweit er entstanden ist. Gleichzeitig obliegt dem Geschädigten eine Schadenminderungspflicht, d.h. er muss alles Zumutbare tun, um den Schaden so gering wie möglich zu halten.

In der außergerichtlichen Praxis führt dies in der Regel dazu, dass der deutsche Geschädigte auch bei einem Unfall in einem Land mit erheblich geringeren Reparaturkosten, seine deutsche Reparaturkostenrechnung ersetzt erhält. Es ist ihm in der Regel nicht zumutbar (und auch mit entsprechenden Kosten für den Schädiger verbunden), das Fahrzeug für die Reparatur in das Unfallland zurückzubringen. Bei fiktiver Abrechnung oder in Fällen, in denen der Geschädigte sich z.B. nach dem Unfall noch längere Zeit im Unfallland aufgehalten hat, muss der Geschädigte jedoch mit entsprechenden Abzügen rechnen. Die Möglichkeit der fiktiven Abrechnung ist allerdings auch nicht in allen Ländern gegeben.

b) Nutzungsausfall und Mietwagenkosten

Nutzungsausfall wird in vielen Ländern (z.B. Spanien, Österreich) gar nicht, teilweise dann gezahlt, wenn das Fahrzeug beruflich benötigt wird (Schweiz). Mietwagenkosten werden oft auch nur dann ersetzt, wenn das Fahrzeug nachweislich beruflich benötigt wird (Frankreich, Italien).

c) Sachverständigenkosten

Sachverständigenkosten werden in vielen Ländern nicht ersetzt, soweit man das Gutachten selbst in Auftrag gegeben hat (Italien, Frankreich, Bulgarien, Rumänien, Polen). Auch die Kosten für Sachverständigengutachten divergieren sehr, sie reichen von durchschnittlich 60 EUR bis 400 EUR.

d) Rechtsverfolgungskosten

Rechtsverfolgungskosten werden in Ländern wie Österreich, Italien in der Regel auch außergerichtlich erstattet, in Frankreich auch im Falle eines gerichtlichen Obsiegens nicht.

3. Ersatz des Personenschadens

Entgegen der allgemeinen Annahme werden Personenschäden in Bezug auf die uns bekannten Schadenersatzpositionen wie Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Behandlungskosten etc. im südeuropäischen Ausland nicht großzügiger reguliert als in Deutschland. Dies haben Rückversichererstudien ergeben.

Allerdings wird z.B. in Ländern wie Italien, ...

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