[11] “Die Revision der Beklagten hat Erfolg; die Anschlussrevision der Klägerin ist dagegen unbegründet.

[12] I. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die wirksam vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt. Die Beklagte habe zwar bewiesen, dass sie die Klägerin etwa eine Stunde nach dem Unfall benachrichtigt habe. Diese Schadensmeldung könne jedoch nicht als unmittelbar nach dem Schadenseintritt erfolgt angesehen werden. Die Beklagte habe allerdings zuerst das Kind versorgen und einen Krankenwagen sowie die Polizei herbeirufen dürfen. Nachdem die Hilfe rund 20 Minuten nach dem Unfall eingetroffen sei, habe die Beklagte aber dafür sorgen müssen, dass die Klägerin von dem Unfall benachrichtigt werde. Das sei erst wesentlich später, nämlich nachdem die Polizei die Aufnahme des Unfalls abgeschlossen habe und das Kind zum Krankenhaus abgefahren worden sei, und damit nicht mehr “unmittelbar’ nach dem Schadenseintritt erfolgt. “Unmittelbar’ bedeute nämlich, dass der engstmögliche zeitliche und räumliche Zusammenhang zu wahren sei, d.h., dass der Mieter des Fahrzeugs den Vermieter vom Unfallort aus anzurufen habe. Nur dann sei gewährleistet, dass sich die Klägerin von dem Hergang des Unfalls ein eigenes Bild machen und sich auf die zu erwartende Auseinandersetzung mit dem Unfallgegner vorbereiten könne.

[13] Die verwirkte Vertragsstrafe sei jedoch im Hinblick auf das nicht allzu schwer wiegende Verschulden der Beklagten gem. § 343 BGB auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen. Dieser sei unter Abwägung aller Umstände in Höhe der Hälfte des ausbedungenen Betrages, somit in Höhe von 425 EUR, angemessen.

[14] Das LG hat die Revision zur Klärung der Fragen zugelassen, was bei einem Unfall mit ausschließlichem Personenschaden noch als “unmittelbare’ Verständigung des Vermieters des Fahrzeugs anzusehen sei, ferner ob, bei der Annahme, die Verständigung sei keine unmittelbare gewesen, § 343 BGB zur Anwendung kommen könne und welche rechtlichen Gesichtspunkte ggf. dabei maßgebend seien.

II. Zur Revision der Beklagten

[15] Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

[16] 1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vertragsstrafenklausel in § 8a der Allgemeinen Geschäftsbedingungen – wie die Revision meint – der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht standhält und deshalb unwirksam ist. Denn die Vertragsstrafe ist – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – schon deshalb nicht verwirkt, weil die Beklagte die geforderte unmittelbare Benachrichtigung der Klägerin nicht schuldhaft (§ 8a S. 2 AGB) unterlassen hat.

[17] a) Verschulden setzt ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten voraus (§ 276 Abs. 1 BGB). Dabei handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Welche Sorgfalt der Verkehr jeweils erfordert, ist bei der hier allein in Betracht kommenden einfachen Fahrlässigkeit nach einem objektivierten für die jeweiligen Verkehrskreise festzustellenden Maßstab zu beurteilen (MüKo/Grundmann, 5. Aufl., § 276 BGB Rn 54 f. m.w.N.).

[18] Es kommt somit darauf an, ob sich die Beklagte wie eine besonnene Mieterin eines Kraftfahrzeugs verhalten hat und den Interessen der Klägerin an der unmittelbaren Benachrichtigung von dem Unfall in vernünftiger und gewissenhafter Weise Rechnung getragen hat.

[19] b) Das Berufungsgericht hat bei seiner Wertung, die Beklagte habe schuldhaft ihre Verpflichtung zur unmittelbaren Benachrichtigung der Klägerin nach dem Unfall verletzt, maßgebliche Umstände außer Acht gelassen (vgl. zur Revisibilität: Senatsurt. v. 11.7.2007, NJW 2007, 2988; BGH Urt. v. 18.2.1976, VersR 1976, 688).

[20] Nach Ansicht des Berufungsgerichts hätte die Beklagte die Klägerin noch am Unfallort vor dem Abtransport des verletzten Kindes in das Krankenhaus und vor Abschluss der polizeilichen Unfallaufnahme von dem Unfall benachrichtigen müssen, weil nur dann eigene Feststellungen der Klägerin zum Unfallgeschehen möglich gewesen wären. Dabei geht das Berufungsgericht zu Recht davon aus, dass die Aufklärung des Unfallhergangs dem schutzwürdigen Interesse der Klägerin dient, zu verhindern, dass sie materielle Nachteile durch die unberechtigte Inanspruchnahme ihrer Kasko- oder Haftpflichtversicherung erleidet. Das Berufungsgericht lässt aber unberücksichtigt, dass diesem Interesse der Klägerin im vorliegenden Fall durch die polizeiliche Unfallaufnahme bereits Rechnung getragen worden ist.

[21] Bei der Ermittlung der Sorgfalt, die von der Beklagten verlangt werden konnte, ist danach zu berücksichtigen, ob das Interesse der Klägerin es geboten hätte, dass die Beklagte sie vor Beendigung der Unfallaufnahme durch die Polizei und vor dem Abtransport des verletzten Kindes durch den Krankenwagen von dem Unfall benachrichtigt, damit sie eigene Ermittlungen am Unfallort durchführen konnte.

[22] Ein solches schutzwürdiges Interesse der Klägerin daran, neben der Polizei eigene Ermittlungen am Unfallort anzustellen, ist hier nicht ersichtlich. Es bes...

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