VVG § 67

Leitsatz

1. In der Kaskoversicherung, die von einer Personengesellschaft für ein zum Gesellschaftsvermögen gehörendes Fahrzeug genommen wird, sind Träger des versicherten Sacherhaltungsinteresses nicht die einzelnen Gesellschafter, sondern es ist dies die rechtlich verselbständigte Gesamthand (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; BGH WM 1964, 592).

2. Es ist jedoch regelmäßig das Sachersatzinteresse der Gesellschafter als mitversichert anzusehen, die gesellschaftsintern dazu berufen sind, das versicherte Fahrzeug zu nutzen.

BGH, Urt. v. 5.3.2008 – IV ZR 89/07

Sachverhalt

Die Klägerin unterhält als Kaskoversicherer mit der H. International GmbH & Co. KG einen Versicherungsvertrag über einen Pkw Bentley. Dem Versicherungsverhältnis liegen die AKB 2000 zugrunde. An der Versicherungsnehmerin, der Eigentümerin und Halterin des Fahrzeuges, ist der Vater des Beklagten als Kommanditist mit einem Anteil von 25 % beteiligt; zugleich hält er einen Anteil von 25 % an der Komplementär-GmbH, deren Mitgeschäftsführer er ist. Der von der Gesellschaft erworbene Pkw Bentley war dem Vater des Beklagten von der Gesellschaft zur dienstlichen und privaten Nutzung überlassen. Der damals 17-jährige Beklagte nahm am 18.2.2005 den Pkw Bentley für eine unberechtigte Spritztour in Betrieb, ohne im Besitz der dazu erforderlichen Fahrerlaubnis zu sein. Angesichts einer bevorstehenden Polizeikontrolle flüchtete er und verunglückte mit dem Fahrzeug, an dem ein Sachschaden von 45.178,13 EUR netto entstand. Die Klägerin zahlte nach Abzug der Selbstbeteiligung von 500 EUR an ihre Versicherungsnehmerin 44.678,13 EUR. In dieser Höhe nimmt sie den Beklagten in Regress.

Aus den Gründen

“ … I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Ein Übergang von Ansprüchen der Versicherungsnehmerin gegen den Beklagten auf die Klägerin gem. § 67 Abs. 1 VVG sei ausgeschlossen. Denn der Beklagte habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles und der Erbringung der Versicherungsleistung in häuslicher Gemeinschaft mit seinem Vater gelebt. Dieser sei als Kommanditist der GmbH & Co. KG mitversicherte Person in der Fahrzeugversicherung und habe dem Beklagten in dieser Eigenschaft die Stellung eines gem. § 67 Abs. 2 VVG privilegierten Familienangehörigen verschafft. Die Versicherungsnehmerin sei als Kommanditgesellschaft eine Personengesellschaft. Trägerin der namens der Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten sei daher nicht die Gesellschaft selbst, sondern dies seien ihre gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter. Insoweit sei ein Kommanditist nicht anders zu behandeln als der persönlich haftende Gesellschafter in einer offenen Handelsgesellschaft, den der BGH bereits als Mitversicherten erachtet habe. Das Eigentümerinteresse des Vaters des Beklagten als Kommanditist sei durch die Beschädigung des versicherten Pkw ebenso betroffen, wie es beim persönlich haftenden Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder komplementär einer Kommanditgesellschaft berührt wäre. Daran ändere auch die neuere höchstrichterliche Rspr. des BGH zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nichts, denn das Vermögen von Personengesellschaften unterliege unverändert einer gesamthänderischen Bindung.

II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

1. Hat der Versicherungsnehmer – die GmbH & Co. KG – einen Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen einen Dritten, so geht der Anspruch auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt (§ 67 Abs. 1 S. 1 VVG in der hier anwendbaren alten Fassung; § 86 Abs. 1 S. 1 VVG n.F.). Dem Versicherungsnehmer steht – sind Elemente einer Fremdversicherung gegeben – derjenige gleich, der die Rechtsstellung eines Versicherten hat. Es gehen dann auf den Versicherer im Umfang seiner Versicherungsleistungen auch die Schadensersatzansprüche des Versicherten gegen Dritte über. "Dritter" i.S. von § 67 VVG ist damit – im Grundsatz – jeder, der nicht Versicherungsnehmer oder Versicherter ist (BGHZ 117, 151, 158; 30, 40, 42).

Diesen nach § 67 Abs. 1 VVG vorgesehenen Rechtsübergang schließt § 67 Abs. 2 VVG (§ 86 Abs. 3 VVG n.F.) dann aus, wenn der Schuldner des zum Übergang auf den Versicherer in Betracht kommenden Regressanspruchs – hier der Beklagte – ein mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebender Familienangehöriger des Versicherungsnehmers oder des Versicherten ist, sofern er den Schaden nicht vorsätzlich verursacht hat. Die Regelung will nach ihrem Sinn und Zweck verhindern, dass Versicherungsnehmer oder Versicherte auf dem Umwege über einen Rückgriff gegen den mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen selbst wirtschaftlich in Mitleidenschaft gezogen (BGHZ 30, 45; BGH, WM 1964, 592 unter 2.; VersR 1994, 85 unter II 1 m.w.N.) und dadurch mittelbar mit dem vom Versicherer regulierten Schaden belastet werden.

2. Der Vater des Beklagten ist (Mit-)Versicherter in der bei der Klägerin genommenen Fahrzeugversicherung.

a) Im Ausgangspunkt ist die Kaskoversicherung allerdings eine reine...

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