Obwohl jemand im Besitz einer gültigen EU-EWR-Fahrerlaubnis ist, schafft der genannte Absatz Möglichkeiten der Nichtberechtigung. Hier werden insgesamt neun Ziffern genannt, auf drei soll eingegangen werden, weil sich damit schon frühzeitig Gerichte beschäftigen mussten. Wie schon im Kontrollfall im August 1996 kommt es auch heute noch vor, dass die Fahrerlaubnis im EU/EWR-Inland erworben wird, obwohl der ordentliche Wohnsitz in Deutschland liegt (Verbotsgrund, § 28 Abs. 4 Nr. 2FeV). Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Erwerb des Führerscheins im Ausland, obwohl bzw. weil der deutsche Führerschein entzogen wurde (§ 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV). Interessant auch der Fall, wenn man im EU/EWR-Ausland einen vorläufigen Führerschein erhält und damit über die Grenze nach Deutschland fährt (§ 28 Abs. 4 Nr. 1 FeV). Hierzu entschied der EuGH[6] :

Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG sowie die Art. 18, 21, 45, 49 und 56 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, aufgrund deren dieser die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Legitimationspapiers, mit dem das Bestehen einer Fahrerlaubnis seines Inhabers bescheinigt wird, das aber nicht den Anforderungen des in der Richtlinie vorgesehenen Führerscheinmusters entspricht, auch dann verweigern kann, wenn der Inhaber des Legitimationspapiers die in der Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen für die Ausstellung eines Führerscheins erfüllt.

Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126 sowie die Art. 21, 45, 49, 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einen Mitgliedstaat nicht daran hindern, eine Sanktion gegen eine Person zu verhängen, die zwar die in der Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Führerscheins erfüllt hat, aber in seinem Hoheitsgebiet ein Kraftfahrzeug führt, ohne im Besitz eines den Anforderungen des in dieser Richtlinie vorgesehenen Musters entsprechenden Führerscheins zu sein, und die bis zur Ausstellung eines entsprechenden Führerscheins durch einen anderen Mitgliedstaat das Bestehen ihrer in diesem anderen Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis ausschließlich durch ein von ihm ausgestelltes vorläufiges Legitimationspapier nachweisen kann, sofern diese Sanktion nicht außer Verhältnis zur Schwere der in Rede stehenden Tat steht.

In dem Fall ging es allerdings um eine Person, die ihren ordentlichen Wohnsitz nicht in Deutschland hatte, so dass § 29 FeV anwendbar war. Dort sind in Abs. 3 die Verbotsgründe zur Nutzung genannt. Dabei ist der Verbotsgrund des § 28 Abs. 4 Nr. 1 FeV identisch mit dem aus § 29 Abs. 3 Nr. 1 FeV.

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