Die Entscheidung zeigt – so vertretbar sie im Ergebnis sein mag – die fortbestehenden Probleme der Rspr. mit der Klausel E 1.3. der AKB-Generationen seit 2008. Die Regelung, nach der zur Aufklärungsobliegenheit des VN nach einem Unfall gehört, den Unfallort nicht zu verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen, wird von einigen dahin verstanden, es handele sich um eine eigenständige versicherungsvertragliche Obliegenheit, die den Tatbestand des § 142 StGB nicht übernehme. Das lässt das OLG Koblenz zwar offen, neigt aber dazu. Eine solche Rechtsansicht führt (nicht notwendiger- aber möglicherweise) dazu, den Unfallbegriff des § 142 StGB versicherungsvertraglich zu erweitern und auf bloße Eigenschäden zu erstrecken. Das überzeugt schon dem Ansatz nach nicht. Denn welche "erforderlichen Feststellungen" soll der verunfallte VN ermöglichen, wenn nicht seine eigenen?

Dabei wird nicht verkannt, dass bei einem Eigenschaden wie im Streitfall von 22.217 EUR reichlich unwahrscheinlich ist, dass nur ein belangloser Fremdschaden an der Leitplanke entstanden sein soll. Dann sollte ein Gericht aber begründen, dass es von einem Unfall mit Fremdschaden überzeugt ist und dies nicht dahingestellt lassen.

Das OLG Koblenz stellt sich weiterhin selbst eine Falle: Obwohl dazu neigend, § 142 StGB versicherungsvertraglich für irrelevant zu halten, prüft das Gericht, ob sich eine Obliegenheitsverletzung (auch) aus § 142 Abs. 2 StGB ergeben kann. Insoweit gilt aber: entweder – oder. Ist die Klausel E 1.3. eine autonome versicherungsvertragliche Bestimmung, kann § 142 Abs. 2 StGB eben auch keine Rolle mehr spielen (dies konsequent verneinend daher OLG Celle zfs 2019, 393).

Darüber hinaus hat das OLG Koblenz aus § 34 Abs. 1 Nr. 1 StVO geschlossen, dass jeder Kraftfahrer wisse, dass er die Unfallstelle nach einem Verkehrsunfall nicht verlassen dürfe. Der Unfallbegriff des § 34 Abs. 1 Nr. 1 StVO ist aber kein anderer als jener des § 142 Abs. 1 StGB. Die Vorschrift erfasst daher keine reinen Eigenschäden oder lediglich belanglose Fremdschäden (Heß in BHHJ, Straßenverkehrsrecht, § 34 StVO Rn 1).

Prof. Dr. Roland Rixecker

zfs 4/2021, S. 211 - 214

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