COVID-19-Pandemie

Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

Am 27.3.2020 ist das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht v. 27.3.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl I S. 569). Das Artikelgesetz umfasst die nachfolgend dargestellten Einzelgesetze und Gesetzesänderungen.

Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz

Nach dem Gesetz werden die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote bis zum 30.9.2020 ausgesetzt, es sei denn, die Insolvenz beruht nicht auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie oder es besteht keine Aussicht auf die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit. Zudem werden Anreize geschaffen, den betroffenen Unternehmen neue Liquidität zuzuführen und die Geschäftsbeziehungen zu diesen aufrecht zu erhalten. Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum wird auch das Recht der Gläubiger suspendiert, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen soll im Verordnungswege bis zum 31.3.2021 verlängert werden können. Das Gesetz ist rückwirkend zum 1.3.2020 in Kraft getreten.

Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie

Durch das Gesetz werden Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen und sonstigen Versammlungen geschaffen. Hervorzuheben ist die vorübergehende Möglichkeit für die AG, KGaA und SE, dass der Vorstand auch ohne Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung ermöglichen kann, die Möglichkeit einer präsenzlosen Hauptversammlung mit eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten, die Möglichkeit der Verkürzung der Einberufungsfrist auf 21 Tage und die Ermächtigung für den Vorstand, auch ohne Satzungsregelung Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vorzunehmen. Das Gesetz ist am 28.3.2020 in Kraft getreten und tritt am 31.12.2021 außer Kraft.

Änderung des Einführungsgesetzes zur Strafprozessordnung

In das Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung wird ein auf ein Jahr befristeter zusätzlicher Hemmungstatbestand für die Unterbrechungsfrist einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung eingefügt, der es den Gerichten erlaubt, die Hauptverhandlung für maximal drei Monate und zehn Tage zu unterbrechen, wenn diese aufgrund von Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung der COVID-19-Pandemie nicht durchgeführt werden kann. Den Beginn und das Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest. Die Änderung ist am 28.3.2020 in Kraft getreten und tritt am 27.3.2021 außer Kraft.

Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche

In Art. 240 EGBGB wird für bestimmte Schuldverhältnisse bis zum 30.6.2020 ein Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher und Kleinstunternehmen begründet, die die Ansprüche im Zusammenhang mit Verträgen, die Dauerschuldverhältnisse sind und vor dem 8.3.2020 geschlossen wurden, derzeit wegen der Folgen der COVID-19-Pandemie nicht erfüllen können. Damit soll für Verbraucher und Kleinstunternehmen gewährleistet werden, dass sie insb. von Leistungen der Grundversorgung (Strom, Gas, Telekommunikation, Wasser) nicht abgeschnitten werden, weil sie ihren Zahlungspflichten krisenbedingt nicht nachkommen können.

Für Mietverhältnisse über Grundstücke oder über Räume wird das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt. Dies gilt sowohl für Wohn- als auch für Gewerberaummietverträge. Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1.4.2020 bis 30.6.2020 dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen. Die vorgenannte Befristung kann von der Bundesregierung im Verordnungswege verlängert werden.

Im Hinblick auf Verbraucherdarlehensverträge sollen nach Art. 240 § 3 EGBGB eine gesetzliche Stundungsregelung und eine Vertragsanpassung nach Ablauf der Stundungsfrist eingeführt werden, mit der Möglichkeit für die Vertragsparteien, eine abweichende Vertragslösung zu finden. Flankiert wird dies von einem gesetzlichen Kündigungsschutz.

Das Gesetz ist am 1.4.2020 in Kraft getreten. Der hierdurch geänderte Art. 240 EGBGB tritt am 30.9.2022 außer Kraft.

Quelle: Formulierungshilfe der Bundesregierung für den Gesetzentwurf v. 23.3.2020, www.bmjv.de

Autor: Karsten Funke

Karsten Funke, Richter am Landgericht, München

zfs 4/2020, S. 182

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