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II.

[2] Die an sich statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das LG hat zutreffend auch beim Kl. eine 1,3 Verfahrensgebühr i.H.v. 1.125,60 EUR zzgl. Umsatzsteuer angesetzt. Die Auffassung der Bekl., weil sie Deckungsschutz für eine außergerichtliche 1,3 Geschäftsgebühr bewilligt und einen Betrag i.H.v. 1.474,89 EUR geleistet habe, sei die Verfahrensgebühr auch bei der Berechnung des Streitwerts der Deckungsklage nur mit 0,65 zu berücksichtigen, trifft nicht zu. Zwar sind im Verfahren die Gebühren für die vorgerichtliche Tätigkeit gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 RVG-VV teilweise auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Diese Anrechnungsbestimmung hat – wie sich aus § 15a Abs. 1 RVG ergibt (vgl. dazu BeckOK-RVG/v. Seltmann, 45. Ed., § 15a Rn 5; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., § 15a Rn 9) – indes auf die Entstehung beider Gebühren dem Grunde nach, die allein für die Berechnung des Streitwerts einer Deckungsschutzklage maßgeblich ist, keinen Einfluss. Daran ändert auch nichts, dass die Bekl. ausweislich des von ihr im Beschwerdeverfahren vorgelegten Schreibens vom 19.11.2018 die von ihr ermittelte Geschäftsgebühr bereits vorprozessual ausgeglichen hat. Zwar könnte sie sich deswegen nach § 15a Abs. 2 RVG in der Kostenfestsetzung auf die im Innenverhältnis zwischen dem Kl. und dessen Prozessbevollmächtigten notwendige Anrechnung berufen, wenn ihr gegenüber beide Gebühren geltend gemacht würden. Dies würde jedoch lediglich dazu führen, dass die an sich entstandene Verfahrensgebühr im Umfang der Anrechnung der Geschäftsgebühr erlischt.

[3] Für eine Berücksichtigung der vom Kl. mit 6.000 EUR angesetzten Kosten für die Beauftragung eines Sachverständigen, die im Beschwerdeverfahren als reformatio in peius auch von Amts wegen möglich ist (vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.5.2009 – I-24 W 13/09 –, juris), sieht der Senat keine Veranlassung. Im Ausgangspunkt gehen beide Parteien zutreffend davon aus, dass sich der Streitwert einer Deckungsschutzklage gegen die Rechtsschutzversicherung gem. § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 1 GKG regelmäßig nach den voraussichtlichen Kosten richtet, die durch die gerichtliche oder außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers entstehen und deren Übernahme er verlangt, abzüglich eines zwanzigprozentigen Feststellungsabschlags (so BGH, Beschl. v. 8.3.2006 – IV ZB 19/05, Rn 5, AGS 2006, 451 = RVGreport 2006, 440 Ls; ebenso BGH, Beschl. v. 26.10.2011 – IV ZR 141/10, Rn 4, AGS 2012, 50 = zfs 2012, 32; Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 15.10.2019 – 11 W 24/19 –, juris; vgl. ferner Bauer NJW 2015, 1329, 1332; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 3 Rn 16 Stichwort “Rechtsschutzversicherung').

Ob und ggf. inwieweit dabei, wenn es um die Deckungszusage für eine gerichtliche Auseinandersetzung geht, neben den Gebühren für die Rechtsanwälte beider Parteien (zzgl. Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen sowie für die Mehrwertsteuer) und den Gerichtsgebühren gerichtliche Auslagen für Zeugen und Sachverständige gem. dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu berücksichtigen sind, ist umstritten. Laut einer Auffassung sollen diese generell unberücksichtigt bleiben (Harbauer/Schneider, RSV, 9. Aufl., ARB 2010 § 20 Rn 13; vgl. ferner die Nachweise bei OLG Brandenburg a.a.O.). Die Gegenmeinung stellt darauf ab, ob die Auslagen, speziell Sachverständigenkosten, im Ergebnis einer vom Gericht der Deckungsklage vorzunehmenden Einzelfallprognose in dem Prozess, für den der Versicherungsnehmer den Rechtsschutz verlangt (Folgeprozess), mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind (so insb. OLG München, Beschl. v. 8.2.2018 – 14 U 2688/17, Rn 10 – juris; OLG Brandenburg a.a.O.). Andere Gerichte stellen bei der Prognose nicht auf den konkreten Folgeprozess, sondern auf die Abwicklung vergleichbarer Prozesse in der Vergangenheit ab (so die von der Bekl. übersandten nicht veröffentlichten Entscheidungen OLG Jena, 8.8.2014 – 4 W 297/19; LG Bonn, 25.7.2019 – 10 O 128/19; LG Ellwangen, 9.5.2019 – 3 O 89/19; LG Stuttgart, 3.4.2019 – 18 O 85/19).

Der Senat ist mit den OLGen München und Brandenburg der Auffassung, dass Sachverständigenkosten nach Maßgabe einer Einzelfallprognose bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen sind. Die pauschale Außerachtlassung ohne Berücksichtigung des im Einzelfall anstehenden Rechtsstreits, für den Deckungsschutz verlangt wird, ist mit wesentlichen Prinzipien des Gebührenrechts, namentlich dem Angreiferinteresseprinzip (vgl. dazu insb. MüKoZPO-Wöstmann, 5. Aufl. 2016, ZPO § 3 Rn 5 und 10; Zöller/Herget a.a.O., § 3 Rn 2; OLG Brandenburg a.a.O.), nicht zu vereinbaren. Sachverständigenkosten, die eine nicht unerhebliche Höhe erreichen können, müssen vielmehr einbezogen werden, sofern sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Ob dies in den sog. … -Verfahren der Fall ist, kann aber wegen der Fülle der auch hier möglichen Sachverhaltskonstellationen nicht pauschal ...

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