Das OVG NRW spricht ein gebührenrechtliches Problem an, dass sich wohl noch häufiger in Zivilsachen stellt: Es geht um die Frage, ob den Prozessbevollmächtigten auch dann eine Einigungsgebühr anfallen kann, wenn die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Das OVG NRW hat hier den Anfall einer Einigungsgebühr zutreffend verneint. Nachfolgend soll kurz erörtert werden, unter welchen Voraussetzungen den Anwälten eine Einigungsgebühr entstehen kann. Hierbei muss differenziert werden.

Abgabe von einseitigen Erledigungserklärungen

Geben die Prozessbevollmächtigten der Parteien in oder außerhalb der mündlichen Verhandlung einseitige Erklärungen dahin ab, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, führt dies im Regelfall noch nicht zum Anfall einer Einigungsgebühr (siehe OLG Köln RVGreport 2005, 470 [Hansens]; OLG Hamm RVGreport 2014, 270 [ders.] = AGS 2014, 166; SG Frankfurt RVGreport 2013, 469 [ders.]). Eine Einigungsgebühr entsteht auch grundsätzlich dann nicht, wenn eine der Parteien anlässlich der Erledigungserklärungen ihr Einverständnis mit der Kostentragung erklärt hat. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die Prozessbevollmächtigten ihre jeweiligen Prozesshandlungen unabhängig von der Erklärung der anderen Partei bzw. ihres RA vorgenommen haben. Folglich löst die Abgabe von – auch übereinstimmenden – Erklärungen der Prozessbevollmächtigten der Parteien, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, für sich genommen noch keine Einigungsgebühr aus (OVG Rheinland-Pfalz NVwZ-RR 2014, 862).

Ebenso liegt der Fall bei anderen einseitigen Prozesserklärungen. So fällt eine Einigungsgebühr auch dann nicht an, wenn nach Erfüllung der Klageforderung der Kl. seine Klage zurücknimmt (OLG München AGS 2010, 423). Gleiches gilt für den Fall der Klagerücknahme und der Zustimmung des Bekl. hierzu (OLG Koblenz RVGreport 2006, 426 [Hansens] = AGS 2006, 539). Auch wenn der Bekl. erklärt, seine Einwilligung zur Klagerücknahme nur unter Bedingung eines Klageverzichts zu erteilen, fällt eine Einigungsgebühr nicht an (OLG Düsseldorf RVGreport 2005, 469 [ders.] = AGS 2005, 494 mit Anm. N. Schneider).

Prozesserklärungen aufgrund eines Einigungsvertrags

Demgegenüber kann eine Einigungsgebühr dann entstehen, wenn den Prozesserklärungen der Parteien ein Einigungsvertrag zugrunde liegt (siehe OLG Köln RVGreport 2007, 66 [Hansens] = JurBüro 2006, 588; Bay. VGH RVGreport 2008, 385 [ders.]; OLG Stuttgart RVGreport 2011, 178 [ders.] = AGS 2012, 128). Voraussetzung für den Anfall der Einigungsgebühr in einem solchen Fall ist es somit, dass die Prozessbevollmächtigten der Parteien einen Einigungsvertrag geschlossen haben (siehe KG RVGreport 2005, 424 [ders.]).

Folglich kann die Einigungsgebühr entstehen bei einer Teilklagerücknahme und einem Teilanerkenntnis, wenn diesen Erklärungen eine – auch stillschweigende – Vereinbarung über diese Form der Verfahrensbeendigung zugrunde liegt (OLG Frankfurt RVGreport 2018, 419 [Hansens] = AGS 2018, 444; OLG Stuttgart RVGreport 2011, 178 [ders.] = AGS 2012, 128; LG Wuppertal JurBüro 2008, 363; siehe auch N. Schneider ErbR 2018, 636 f.). Ebenso fällt die Einigungsgebühr an, wenn sich die Parteien eines Kündigungsschutzprozesses auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und die anschließende Klagerücknahme einigen (LAG Düsseldorf RVGreport 2005, 422 [Hansens] = JurBüro 2005, 633 und 644). Gleiches gilt für eine Einigung über das ungekündigte Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses und die anschließende Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits (Nds. LAG RVGreport 2005, 266 [Hansens] = AGS 2005, 281 mit Anm. Schäfer). Somit kann auch den übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien der – auch formlose – Abschluss eines Einigungsvertrages vorangegangen sein, was dann bei den hieran beteiligten Prozessbevollmächtigten eine Einigungsgebühr auslöst. Dem OVG NRW lagen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Einigungsvertrags vor.

Darlegung und Glaubhaftmachung im Kostenfestsetzungsverfahren

Wie der Fall des OVG NRW und die hier wiedergegebenen Beispiele aus der Rechtsprechung zeigen, hängt es entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der Abgabe von Prozesserklärungen ein Einigungsvertrag zugrunde gelegen hat. Diese Umstände, von deren Vorliegen der Abschluss eines Einigungsvertrags und damit der Anfall der Einigungsgebühr abhängt, müssen von der erstattungsberechtigten Partei im Kostenfestsetzungsverfahren vorgetragen und vom Gericht festgestellt werden. Dies wird in der Praxis allerdings nicht immer beachtet (siehe Thür. OLG RVGreport 2017, 139 [Hansens]; OLG Köln RVGreport 2016, 463 [ders.]). Die erstattungsberechtigte Partei hat deshalb im Kostenfestsetzungsverfahren die den Abschluss eines Einigungsvertrags begründenden Tatsachen im Einzelnen darzulegen. Am einfachsten gelingt dies, wenn die Parteien einen schriftlichen Einigungsvertrag geschlossen haben oder eine entsprechende Einigung vom Gericht protokolliert worden ist....

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