II. Die Beschwerde ist gem. §§ 46 Abs. 1 OWiG, 304 Abs. 1 StPO zulässig; insb. handelt es sich bei der Ablehnung der Bestellung als Verteidiger nicht um eine der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung i.S.v. § 305 S. 1 StPO (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Auflage, 2012, § 141 Rn 10a). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, da das AG den Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers mangels der Voraussetzungen der §§ 46 Abs. 1 OWiG, 140 Abs. 2 StPO zu Recht abgelehnt hat:

1. Wegen der Schwere der Tat erscheint die Mitwirkung eines Verteidigers nicht geboten.

a. Die Höhe der im vorliegenden Fall zu erwartenden Geldbuße spricht nicht für eine schwere Tat. Es handelt sich lediglich um eine Verkehrsordnungswidrigkeit, die noch dazu mit einer vergleichsweise geringen Geldbuße i.H.v. 200 EUR (Regelgeldbuße gem. BKat-Nr. 132.3) geahndet wurde, wobei der Sanktionsrahmen gem. § 24 Abs. 2 StVG bis zu 2.000 EUR umfasst.

b. Auch die Eintragung weiterer Punkte im Punktesystem und die damit verbundene Entziehung der Fahrerlaubnis im Verwaltungsverfahren nach § 4 StVG reicht nach Ansicht der Kammer nicht aus, um die Mitwirkung eines Verteidigers zu gebieten, auch wenn der Betr. dadurch Nachteile für seinen Frachtbetrieb und damit seine Berufsausübung zu erwarten hat. Dies gilt auch dann, wenn es sich im vorliegenden Fall um einen schwerwiegenden Nachteil handeln würde, nämlich eine drohende Betriebsaufgabe, da solch ein Nachteil nur mittelbar aus der Verurteilung folgt und damit in der Regel außer Betracht zu bleiben hat (vgl. Göhler/Seitz, OWiG, 16. Auflage, 2012, § 60 Rn 25; Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Auflage, 2006, § 60 Rn 31).

Der Betr. ist selbstständiger Frachtführer und Spediteur, der überwiegend selbst fährt und teilweise Fahrer als Aushilfen einstellt. Die Existenz des Betriebs ist jedoch, entgegen dem Vortrag des Betr., durch den Verlust seiner Fahrerlaubnis nicht zwangsläufig gefährdet, denn der Betr. kann sich behelfen indem er für die Zeit, in der er nicht selbst fahren kann, weitere Fahrer beschäftigt.

Doch auch wenn man vorliegend von einer Bedrohung der Existenz des Betriebs und damit einem schwerwiegenden Nachteil für den Betr. ausginge, so würde dies nicht zur Annahme einer notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 2 StPO führen. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, dass ein solcher Fall vorliegt, wenn neben der etwaigen Verurteilung die Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde droht und diese wiederum die Gefahr der Arbeitsplatzkündigung mit sich bringt (LG Mainz, Beschl. v. 6.4.2009, 1 Qs 49/09; LG Köln, Beschl. v. 9.12.2009, 105 Qs 382/09, jeweils zit. nach juris). Dieser Ansicht folgt die Kammer jedoch nicht. Dass der Betr. die zum Entzug der Fahrerlaubnis führende Punktzahl erreicht hat, ist darauf zurückzuführen, dass er bereits in der Vergangenheit eine Vielzahl von Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen hat. Wenn nun die hier durch das AG abzuurteilende Ordnungswidrigkeit dazu führen sollte, dass der Betr. die Punktzahl erreicht, bei der die Entziehung der Fahrerlaubnis vorgesehen ist, so ist diese Verurteilung lediglich der sog. Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die Gefahr einer Entziehung stand dagegen schon längere Zeit im Raum und beruht auf dem Vorverhalten des Betr. Für diese Ansicht spricht auch, dass im Rahmen der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde eine Eintragung im VZR – gleichgültig mit welchen Konsequenzen – nicht beachtlich ist. Eine Eintragung im VZR stellt nämlich keine Nebenfolge "nichtvermögensrechtlicher Art" i.S.d. OWiG § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 dar (Göhler/Seitz, OWiG, § 79 Rn 8 m.w.N.).

Rechtsfolge der Verurteilung ist nicht das Vorliegen einer schweren Tat und damit eine notwendige Beiordnung, da die Folgen für den Betr. durch die zeitliche Begrenzung auf einen Monat überschaubar sind und ihnen durch die Beschäftigung anderer Fahrer begegnet werden kann.

2. Es liegen beim Betr. auch keine Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Fähigkeit, sich selbst zu verteidigen, vor.

3. Weiterhin ist die Sachlage auch nicht schwierig. Der zu klärende Sachverhalt ist vielmehr einfach und überschaubar. Das AG hat mit Beschl. v. 23.11.2012 zu der Frage, ob es sich bei der auf dem Lichtbild der Rotlichtüberwachungsanlage abgebildeten Person um den Betr. handelt, die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Der Inhalt eines solchen Gutachtens ist jedoch grds. leicht verständlich. Insb. ist die Fragestellung einfach und die inhaltliche Erfassung eines solchen Gutachtens erfordert keine Spezialkenntnisse.

4. Schließlich ist auch die Rechtslage nicht derart schwierig, dass die Mitwirkung eines Verteidigers geboten wäre. Dem Betr. wurde eine Verkehrsordnungswidrigkeit (Rotes Dauerlichtzeichen nicht befolgt) zur Last gelegt. Zwar kann bei der Entscheidung von Verkehrsordnungswidrigkeiten eine schwierige Rechtslage grds. bestehen, im vorliegenden Fall sind konkrete Anhaltspunkte für nicht entschiedene Rechtsfragen oder Subsumtionsschwierigkeiten jedoch nic...

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