"Über den Antrag der Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse auf Festsetzung der Sachverständigen-Entschädigung ist durch gerichtlichen Beschl. zu entscheiden (§ 4 Abs. 1 S. 1 JVEG)."

Zuständig ist das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG).

Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (§ 4 Abs. 7 S. 1 JVEG). Eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat ist nicht geboten, da die Sache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch die Rechtssache grds. Bedeutung hat (§ 4 Abs. 7 S. 2 JVEG).

Der Notwendigkeit einer gerichtlichen Entscheidung über die Festsetzung der Entschädigung ist auch nicht deshalb der Boden entzogen, weil durch die Tätigkeit der Geschäftsstellenmitarbeiterin bereits eine konkludente gerichtliche Festsetzung erfolgt ist (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 26.10.2007 – 2 W 102/07, BauR 2008, 562). Hier hat die Kostenbeamtin die Rechnung des Sachverständigen offenbar geprüft, auf der Rechnung handschriftliche Korrekturen (Übertragungsfehler, Kleinbetrag) vermerkt, und sodann die Kosten angewiesen. Hierin liegt aber keine gerichtliche Festsetzung i.S.d. § 4 Abs. 1 JVEG. Nach § 4 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 JVEG hat die Festsetzung der Vergütung durch gerichtlichen Beschl. zu erfolgen. Eine derartige Festsetzung ist bislang noch nicht erfolgt. Eine etwaige vorangegangene oder noch laufende Festsetzung durch den Kostenbeamten wird dadurch wirkungslos (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl. 2010, § 4 JVEG Rn 12 m.w.N.).

4. Für den Entschädigungsanspruch des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist nach der grundlegenden Entscheidung des BGH v. 15.12.1975 (X ZR 52/73, NJW 1976, 1154) von Folgendem auszugehen:

Sachverständige erhalten gem. § 413 ZPO eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG, gültig ab 1.7.2004). § 8 Abs. 1 JVEG bestimmt, dass Sachverständige für ihre Leistung entschädigt werden.

Das Gesetz enthält keine Regelung darüber, ob der Sachverständige auch dann zu entschädigen ist, wenn er, zum Beispiel durch seine Ablehnung wegen Befangenheit, die Unverwertbarkeit des von ihm erstatteten Gutachtens verursacht hat.

Die Anwendung bürgerlichrechtlicher Bestimmungen, etwa des Dienst- oder Werkvertrages, auf diesen Fall kommt nicht in Betracht, weil die bürgerlichrechtlichen Regelungen über Leistungsstörungen oder Mängelhaftung nicht auf den Fall zugeschnitten sind, dass die Leistungen in Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht erbracht werden, der sich bestimmte Personen bei der Pflicht zur Erstattung eines Gutachtens nicht entziehen können (vgl. § 407 ZPO).

Eine Regelung kann deshalb nur in allgemeinen Rechtsgrundsätzen gefunden werden, die dem Verhältnis des Sachverständigen zum Gericht und den Belangen einer geordneten Rechtspflege gebührend Rechnung tragen.

Es wird in der Praxis allgemein abgelehnt, dem Sachverständigen auch in den Fällen einen Entschädigungsanspruch zuzubilligen, in denen er die Unverwertbarkeit des erstatteten Gutachtens bewusst herbeigeführt hat, beispielsweise weil er sich im Prozess bewusst parteiisch verhalten hat und deshalb mit Erfolg abgelehnt worden ist. Es würde gegen den auch für öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehungen geltenden Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, einen Sachverständigen zu entschädigen, der durch eine vorsätzliche Pflichtverletzung die Unverwertbarkeit seines Gutachtens herbeigeführt hat.

Auf der anderen Seite lehnt es die Praxis allgemein ab, dem Sachverständigen allein schon deshalb den Entschädigungsanspruch abzusprechen, weil er durch die von ihm verursachte Ablehnung die Unverwertbarkeit seines Gutachtens herbeigeführt hat. Eine solche Regelung wäre unbillig in den Fällen, in denen dem Sachverständigen wegen der Ablehnung kein Schuldvorwurf gemacht werden kann. Deshalb würde sie dem Grundsatz von Treu und Glauben zuwiderlaufen.

Es ist aber mit den Belangen einer geordneten Rechtspflege auch unvereinbar, dem Sachverständigen in allen denjenigen Fällen den Entschädigungsanspruch zu versagen, in denen ihm wegen einer Verursachung der Unverwertbarkeit seines Gutachtens überhaupt ein Schuldvorwurf gemacht werden kann. Solchenfalls würde der Sachverständige schon bei einer durch eine leichte Fahrlässigkeit herbeigeführten Unverwertbarkeit seines Gutachtens seinen Entschädigungsanspruch verlieren. Das ist mit der Stellung des Sachverständigen als Gehilfe des Richters bei der Urteilsfindung, auf die er wegen seiner besonderen Sachkunde wesentlichen Einfluss nehmen kann, unvereinbar. Für das Funktionieren der Tätigkeit des gerichtlichen Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren ist dessen innere Unabhängigkeit von besonderer Bedeutung. Im Hinblick auf die Interessen der am gerichtlichen Verfahren Beteiligten und auf die Belange der Allgemeinheit am Funktionieren der Rechtspflege ist es zur Erhaltung der inneren Unabhängigkeit des Sachverständigen notwendig, eine Haftung des Sachverständigen ...

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