BGB §§ 437 Nr. 2, 441, 434, 346 Abs. 1; 437 Nr. 3, 281, 280, 440, 434, 444

Leitsatz

1. Nach der allgemeinen Verkehrsanschauung zumindest im privaten Bereich ohne Beteiligung von gewerblichen Autohändlern ist von dem Begriff eines Unfalls ein Hagelschaden nicht erfasst.

2. Der Oberbegriff "Schaden" enthält neben Unfallschäden auch sämtliche andere Schäden. Die Frage eines Käufers nach Unfällen ist damit enger gesetzt, als die Frage nach Schäden insgesamt.

3. Eine dahingehende Auslegung nach §§ 133, 157 BGB, mit der Angabe zweier Heckauffahrunfälle sei eine Garantie der Hagelschadenfreiheit übernommen, kommt nach objektivem Empfängerhorizont nicht in Betracht.

(Leitsätze des Einsenders)

AG Starnberg, Urt. v. 29.8.2007 – 2 C 1087/07

Sachverhalt

Mit Kaufvertrag vom 28.2.2007 hatte der Kläger vom Beklagten einen Audi A6 Avant Diesel zum Preis von 10.600 EUR erworben. Der Beklagte war Erstbesitzer des Fahrzeugs. Im Kaufvertragsformular wurde hinter dem Text "Das Fahrzeug ist unfallfrei" das Feld "nein, es hatte folgenden Unfallschaden" angekreuzt und dahinter handschriftlich eingetragen "i. 2001 und 2003 Auffahrunfall Heck". Die Sachmängelhaftung wurde im Kaufvertrag ausgeschlossen.

Der Kläger behauptete, am 10.4.2006 sei in der Werkstatt festgestellt worden, dass das Fahrzeug während der Besitzzeit des Beklagten einen Hagelschaden erlitten habe, und zwar vor allem an Dach, Motorraumdeckel, Rückwandklappe und dem Seitenteil hinten links. Die Größe und Tiefe der Beulen am Fahrzeug seien so beschaffen, dass sie nicht bereits bei Tageslicht auffallen würden, sondern erst unter Kunstlicht. Die Kosten für eine fachgerechte Reparatur des Schadens würden sich auf 1.957,70 EUR belaufen. Die Erklärung, die der Beklagte im Kaufvertrag abgegeben hatte, sei daher falsch. Das Fahrzeug habe noch einen dritten Unfallschaden erlitten, denn auch ein Hagelschaden sei ein Unfallschaden. Mit seinen Angaben zu den Unfallschäden habe der Beklagte eine Garantie übernommen, dass das Fahrzeug im Übrigen unfallfrei sei, also keine weiteren Unfallschäden habe. In der Zeit nach der Übernahme des Fahrzeugs durch den Beklagten bis zur Feststellung des Hagelschadens am 10.4.2007 sei das Fahrzeug nur im Umkreis von ca. 10 km um Bad Tölz bewegt worden. In diesem Gebiet habe es in der fraglichen Zeit nicht gehagelt. Mithin begehrte der Kläger vom Beklagten Zahlung eines Betrages von 1.957,70 EUR. Der Beklagte indes beantragte Klageabweisung und wandte ein, es könne keine Rede davon sein, dass es sich um einen erheblichen Schaden handle. Der angebliche Hagelschaden könne auch in der Zwischenzeit, während sich das Fahrzeug bereits im Besitz des Klägers befunden hat, entstanden sein. Das AG hat die Klage abgewiesen.

Aus den Gründen

“Dem Kläger steht gegen den Beklagten weder ein Anspruch auf Rückzahlung geminderten Kaufpreises gem. §§ 437 Nr. 2, 441, 434, 346 Abs. 1 BGB, noch ein Schadenersatzanspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 281, 280, 440, 434 BGB zu.

Zwar kann ein Hagelschaden, sofern vorliegend, einen Sachmangel i.S.v. § 434 BGB darstellen. Die Parteien haben die Gewährleistung jedoch nach § 444 BGB wirksam ausgeschlossen, da der Beklagte weder eine Garantie für die Hagelschadensfreiheit des Fahrzeugs übernommen hat, noch den Mangel arglistig verschwiegen hat.

Der Beklagte hat durch die Angabe zweier Unfälle im Kaufvertragsformular keine Garantie dafür übernommen, dass ein Hagelschaden bei Gefahrübergang nicht vorliegt. Nach der allgemeinen Verkehrsanschauung zumindest im privaten Bereich ohne Beteiligung von gewerblichen Autohändlern ist von dem Begriff eines Unfalls ein Hagelschaden nicht erfasst. Dem Vortrag des Klägers, wonach ein Hagelschaden einem Unfall gleichzusetzen sei, kann nicht gefolgt werden (KG Berlin, Urt. v. 10.11.2003, Az. 8 U 179/03). Nach der Verkehrsanschauung ist ein Unfall ein plötzliches Ereignis im Straßenverkehr, das unmittelbar zu einem nicht völlig belanglosen Schaden führt. Dabei mag sich das geschädigte Fahrzeug im ruhenden Verkehr befinden. Abzugrenzen sind jedoch Ereignisse, die durch höhere Gewalt eintreten, wie z.B. Schäden durch Unwetter, Hochwasser oder – wie vorliegend – Hagel. Folgen derartiger Ereignisse unterfallen dem Oberbegriff “Schaden’, der neben Unfallschäden sämtliche andere Schäden enthält. Die Frage eines Käufers nach Unfällen ist damit enger gesetzt, als die Frage nach Schäden insgesamt. Eine dahingehende Auslegung nach §§ 133, 157 BGB, mit der Angabe zweier Heckauffahrunfälle sei eine Garantie der Hagelschadenfreiheit übernommen, kommt nach objektivem Empfängerhorizont nicht in Betracht.

Der Kläger trat keinen Beweis für die Voraussetzungen arglistigen Verschweigens an. Hierfür hätte der Beklagte zumindest mit einem Hagelschaden rechnen müssen. Nachdem schon nach klägerischem Vortrag die Beulen nur unter Kunstlicht erkennbar sind, muss der Beklagte, selbst wenn sich der Hagelschaden während dessen Besitzzeit ereignet hat, diesen nicht erkannt haben. Ob überhaupt ein Hagelschaden vorliegt und wann dieser eingetreten ist, kann daher dahinstehen.“

Mitge...

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