“[3] Das AG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, weil die Frage eines Nutzungsausfallschadens und der Schadensminderungspflicht des Geschädigten bei im Unfallzeitpunkt bereits bestelltem Ersatzfahrzeug durch Anschaffung eines Interimfahrzeuges in der obergerichtlichen Rspr. bisher noch nicht abschließend geklärt sei. Mit der Revision verfolgt der Kläger die Klageforderung in vollem Umfang weiter.

[4] I. Das Berufungsgericht führt aus, dass der Kläger zwar über die bereits erstatteten Mietwagenkosten hinaus für die zur Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs erforderliche Zeit Nutzungsausfallentschädigung für vier Tage beanspruchen könne. Die Forderung sei jedoch durch vorprozessuale Zahlungen ausgeglichen. Darüber hinaus komme Nutzungsentschädigung nicht in Betracht, weil der finanzielle Verlust im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Interimsfahrzeugs und dessen anschließendem Wiederverkauf im Hinblick auf die Lieferzeit von neun Wochen für das vor dem Unfall bestellte Fahrzeug jedenfalls deutlich niedriger sei als die Nutzungsausfallentschädigung bis zur Lieferung. Der Kläger verletze die Schadensminderungspflicht. Daran ändere auch das Schreiben vom 17.10.2005 nichts, da ein bestimmter Erklärungswert mit dem Schweigen der Beklagten nicht verbunden sei.

[5] II. 1. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

[6] a) Dem Eigentümer eines privat genutzten Pkw, der durch einen Schaden die Möglichkeit zur Nutzung verliert, steht grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz für seinen Nutzungsausfall zu, wenn er zur Nutzung willens und fähig gewesen wäre (vgl. Senatsurt. BGHZ 45, 212 ff.; 56, 214, 215 f.; 161, 151, 154; GSZ BGHZ 98, 212, 220; BGH, Urt. v. 20.10.1987, NJW 1988, 484, 485 f.). Seine Grenze findet der Ersatzanspruch am Merkmal der Erforderlichkeit nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sowie an der Verhältnismäßigkeitsschranke des § 251 Abs. 2 BGB (vgl. Senatsurt. v. 4.12.1984, VersR 1985, 283, 284). Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung ist auch zu berücksichtigen, dass der Geschädigte unter mehreren möglichen Wegen des Schadensausgleichs im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg zu wählen hat. Das gilt nicht nur für die eigentlichen Reparatur- oder Wiederbeschaffungskosten, sondern gleichermaßen für die Mietwagenkosten (vgl. Senatsurt. BGHZ 160, 377, 383; 163, 19, 22) und ebenso für die Nutzungsausfallentschädigung (vgl. BGHZ 40, 345, 354 f.). Dementsprechend hat der Schädiger grundsätzlich Nutzungsersatz nur für den Zeitraum zu leisten, der zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes erforderlich ist (vgl. BGHZ 45, 211, 216; OLG Hamm VersR 1993, 766, 767; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 249 Rn 33; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 25 Rn 11, 24 und 30). Im Allgemeinen ist dies die Dauer der Reparatur bzw. bis zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs. Benötigt der Geschädigte für die Schadensbehebung einen längeren Zeitraum, ist zu unterscheiden, ob er sich wegen des Unfalls ein Ersatzfahrzeug mit längerer Lieferzeit anschafft oder ob er – wie im Streitfall – schon vor dem Unfall ein Ersatzfahrzeug bestellt hat. Bei der ersten Fallgruppe kann eine längere Wartezeit nicht zu Lasten des Schädigers gehen, weil sie auf der freien Disposition des Geschädigten beruht (vgl. Senatsurt. BGHZ 154, 395, 398; 155, 1, 7; Urt. v. 20.6.1989, VersR 1989, 1056 f.; Weber, VersR 1990, 934, 938 ff.; Steffen, NZV 1991, 1, 2; ders., NJW 1995, 2057, 2059 f.).

[7] b) Hat der Geschädigte hingegen das Fahrzeug bereits vor dem Unfall bestellt und wollte er bis zur Lieferung das verunfallte Fahrzeug nutzen, ist die bereits bestehende wirtschaftliche Planung auf Grund des Unfalls gestört. Der Geschädigte ist gezwungen, entweder für die Lieferzeit ein gebrauchtes Fahrzeug zu kaufen und dieses nach der Lieferung wieder zu verkaufen oder ein Fahrzeug zu mieten oder auf die Nutzung zu verzichten. In einem solchen Fall ist zum einen zu bedenken, dass nach dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung bei der Schadensabrechnung Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten, zu nehmen ist (vgl. Senatsurt. BGHZ 115, 364, 369; 115, 375, 378; 132, 373, 376 f.; 155, 1, 5). Auch muss das Grundanliegen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB berücksichtigt werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll, indem der Zustand wieder hergestellt wird, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne Schadensereignis entspricht (vgl. Senatsurt. BGHZ 132, 373, 376; 154, 395, 398 f.; 155, 1, 5; Steffen, NZV 1991, 1, 3; ders., NJW 1995, 2057, 2062). Zum andern hat der Geschädigte unter mehreren möglichen Wegen des S...

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