“Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, dass er auf Grund der am 24.10.2005 in Österreich erworbenen Fahrerlaubnis seit dem 13.6.2006 zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt ist.

1. Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Eine Verpflichtungsklage mit dem Ziel, die beim Landratsamt beantragte Anerkennung der in Österreich erworbenen Fahrerlaubnis zu erreichen, wäre unstatthaft, da aus der österreichischen Fahrerlaubnis ohne weiteres nach Ablauf der in Deutschland verhängten Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland folgt. Mit Ablauf der Sperrfrist ist diese Fahrerlaubnis ohne jede Formalität und ohne jedes Ermessen von den Behörden in Deutschland anzuerkennen. Insbesondere hat die Fahrberechtigung in Deutschland nicht zur Voraussetzung, dass dieses Recht auf Grund der in Österreich erworbenen Fahrerlaubnis von einer deutschen Behörde nach entsprechender Antragstellung nach § 4 Abs. 4 der Verordnung über den internationalen Kraftfahrzeugverkehr (IntVO) erteilt wird.

a) Da der Kläger seinen Wohnsitz seit mehreren Jahren in Österreich hat (bereits zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls am 19.3.2005 ist eine österreichische Wohnadresse angegeben), bestimmt sich die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland auf Grund der in diesem Mitgliedstaat der EU erworbenen Fahrerlaubnis nach den Regelungen der Verordnung über den internationalen Kraftfahrzeugverkehr.

Im vorliegenden Fall sind die Regelungen der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung/FeV) nicht anwendbar – wovon aber das Landratsamt ausgegangen ist –, da insbesondere die Regelung für die Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) erworbenen Fahrerlaubnis nur für Führerscheininhaber gilt, die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 28 Abs. 1 S. 1 FeV), also an 185 Tagen in Jahr hier wohnen (§ 7 Abs. 1 S. 2 FeV). Die Teilnahme von Inhabern einer Fahrerlaubnis aus einem Mitgliedstaat der EU, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, wird dann nicht mehr dem internationalen Kraftfahrzeugverkehr zugeordnet und ist daher in der Fahrerlaubnis-Verordnung geregelt (OVG Saarl v. 9.8.2000, zfs 2001, 142).

b) Nach der in § 4 Abs. 1 S. 1 IntVO statuierten Grundregel dürfen Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis im Umfang ihrer Berechtigung im Inland Kraftfahrzeuge führen, wenn sie hier keinen ordentlichen Wohnsitz im Sinn von § 7 FeV haben. In § 4 Abs. 3 Nr. 3 IntVO ist festgelegt, dass diese Berechtigung nicht für Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse gilt, denen die Fahrerlaubnis im Inland rechtskräftig von einem Gericht entzogen worden ist. Auf Grund der in § 4 Abs. 3 Nr. 4 IntVO getroffenen Regelung gilt die ausländische Fahrerlaubnis ferner nicht im Inland bei Führerscheininhabern, denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Nach § 4 Abs. 4 IntVO wird das Recht, von einer ausländischen Fahrerlaubnis nach einer solchen Entzugsentscheidung wieder Gebrauch machen zu können, auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung nicht mehr bestehen.

Vom Wortlaut der Norm her würde das Recht zum Gebrauch der vom Kläger in Österreich erworbenen Fahrerlaubnis nach dem Entzug im Inland auf Grund rechtskräftigen Strafbefehls vom 13.6.2005 voraussetzen, dass dem Kläger nach einem entsprechenden Antrag das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland erteilt wird. Dabei kann die Behörde Aufklärungsmaßnahmen anordnen, ob die für die seinerzeitige Entziehung maßgebenden Gründe nicht mehr bestehen. Da § 4 Abs. 4 IntVO – anders als § 28 Abs. 5 FeV – ein S. 2 fehlt, der für den Nachweis der Eignung auf die Vorschrift des § 20 Abs. 1 und 3 FeV verweist, kann der Betroffene auch auf andere Weise als durch Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nachweisen, dass die für die Gründe für die Entziehung nicht mehr gegeben sind, weil er die Fahreignung wieder erlangt habe (OVG Saarl v. 30.1.2007, LKRZ 2007, 203 – nicht rechtkräftig, vgl. BVerwG vom 17.10.2007, 3 B 32/07, jurisPR-VerkR 2/2008). Denn die Fahrerlaubnis hat weiter bestanden und der Betreffende konnte im Ausland fahren (vgl. hierzu Bundesrats-Drucksache 443/98, S. 328).

c) Die Regelung in § 4 Abs. 4 IntVO verstößt aber gegen europäisches Recht und ist nicht anwendbar. Vielmehr folgt aus der gemeinschaftsrechtlichen Regelung über die gegenseitige Anerkennung der Fahrerlaubnisse, dass die in Österreich erworbene Fahrerlaubnis des Klägers ohne jede Formalität zur Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland nach Ablauf der im Inland verhängten Sperrfrist berechtigt.

aa) In Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.7.1991 über den Führerschein ("Zweite Führerschein-Richtlinie") ist festgehalten, dass die von den Mitgliedstaa...

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