Beschluss v. 19.4.2023:

Das LG hat die Klage im Ergebnis zurecht insgesamt abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Entgegen der Darstellung im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils dürfte die Frage, ob die Kl. auch Eigentümerin des Fahrzeugs gewesen ist, allerdings nicht unstreitig sein … Die Bekl. hat ebenso bestritten, dass die Kl. über die erforderlichen Mittel der Kaufpreiszahlung in Höhe von 18.500 EUR in bar verfügt habe und diese Zahlung geleistet habe. Die Kl. hat hierzu lediglich in der Replik vorgetragen, sie habe eine Zahlung geleistet, was sich aus der Unterschrift des Verkäufers im Kaufvertragsformular ergebe und hat für die Zahlung Zeugenbeweis des Verkäufers E. angeboten.

Letztlich kann diese Frage aber dahingestellt bleiben. Der Senat braucht auch nicht zu entscheiden, ob die zur Darlegung der ordnungsgemäßen Reparatur eines Vorschadens entwickelten Grundsätze in einem Fall gelten, in dem der fragliche – zu einem großen Teil übereinstimmende – Vorschaden nur drei Monate vor dem Versicherungsfall und ca. einen Monat vor dem Erwerb des Fahrzeugs durch den VN bzw. eine andere Person, von einem Bekannten, eingetreten ist. Darauf kommt es ebenfalls nicht an, denn jedenfalls ist die Bekl. leistungsfrei wegen arglistiger Täuschung der Kl. gegenüber der Bekl.

Der VR ist bei vorsätzlicher Verletzung einer vom VN zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit leistungsfrei, wenn der Vertrag dies bestimmt, § 28 Abs. 2 S. 1 VVG. Wenn der VN die Obliegenheit arglistig verletzt hat, kommt es auf die Kausalität der Obliegenheitsverletzung für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des VR nicht an, § 28 Abs. 3 S. 2 VVG.

Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem VR zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der VN muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des VR einwirkt (BGH VersR 2009, 968). Eine Bereicherungsabsicht des VN ist dabei nicht erforderlich. Es reicht aus, dass der VN einen gegen die Interessen des VR gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den VR bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH VersR 2013, 175). Es genügt hierfür, etwa Beweisschwierigkeiten vermeiden, die Regulierung beschleunigen, nicht "unnötig Sand ins Getriebe" der Regulierung bringen oder allgemein auf die Entscheidung des VR Einfluss nehmen zu wollen (BeckOK VVG/Marlow, 18. Ed. 1.2.2023, VVG § 28 Rn 201 m.w.N.).

So liegt der Fall hier. Die Bekl. ist jedenfalls vollständig leistungsfrei wegen arglistiger Verletzung der der Kl. obliegenden Aufklärungspflichten gem. § 28 VVG i.V.m. Ziffer E.2.1, E.2.2. AKB. Es ist unstreitig, dass das Fahrzeug Vorschäden aufwies. Dies ergibt bereits aus dem I Kaufvertrag, wo die Frage der Vorschäden bejaht wird, ohne dass dort konkrete Vorschäden aufgelistet werden. Der Kl. war daher sehr wohl bekannt, dass das Fahrzeug Vorschäden aufwies. Sie mag diese als repariert und daher den Zustand als "ordnungsgemäß" empfunden haben, aber dennoch waren ihr aus dem Kaufvertrag Vorschäden bekannt. Die Antwort der Kl. war daher nachweislich falsch.

Ziff. E.1.3 AKB verpflichtet den VN nach Eintritt des Versicherungsfalles dazu, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann, insbesondere Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf jeden Umstand, der zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann, soweit dem VN nichts Unbilliges zugemutet wird (vgl. BGH NJW 2015, 949). Dazu gehört unzweifelhaft die Pflicht, den VR wahrheitsgemäß und vollständig über solche Umstände zu informieren, die für die Höhe des Schadens von Bedeutung sind.

Es ist allgemein anerkannt, dass Fragen des VR nach Vorschaden zur Aufklärung sachdienlich und vom VN richtig und vollständig zu beantworten sind (vgl. nur BGH, Urt. v. 5.12.2001 – IV ZR 225/00, VersR 2002, 173). Denn frühere Schäden können den Marktwert eines Fahrzeugs selbst dann beeinflussen, wenn sie vollständig repariert sind (BGH, Urt. v. 5.12.2001 – IV ZR 225/00, VersR 2002, 173). Die Kl. war deswegen verpflichtet, gegenüber der Bekl. auf den aus dem Kaufvertrag ersichtlichen Vorschaden hinzuweisen.

Diese Pflicht besteht auch dann, wenn zugunsten der Kl. unterstellt wird, es habe ein vollständig reparierter Vorschaden vorgelegen. Die Kl. hat diese Pflicht arglistig verletzt, indem sie wahrheitswidrig gegenüber der Bekl. angab, ihr sei kein Vorschaden bekannt gewesen.

Es kann daher somit dahingestellt bleiben, ob der Anspruch der Kl. in voller Höhe auch daran scheitert, dass die Kl. die vollständige und fachgerechte Reparatur der Vorschäden nicht hinreichend dargelegt habe. Gleiches gilt für die Frage, ob auch ohne Nachweis der Reparatur von Vorschäden ein Er...

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