Das Aufeinandertreffen privilegierter und nicht privilegierter Schädiger bezeichnet man als gestörte Gesamtschuld. Dabei wird die Haftung des nicht haftungsprivilegierten Schädigers von vornherein beschränkt auf diejenige Quote, die er im Falle eines Gesamtschuldnerinnenausgleiches (§ 426 BGB) zu leisten hätte. Eine typische Konstellation ist beispielsweise die Fahrt mehrerer Arbeitnehmer im Firmenfahrzeug zu einer Baustelle. Kommt es auf dieser Fahrt zu einem Unfall, würden grundsätzlich der Fahrer, bzw. Halter sowie der Führer des unfallbeteiligten Fremdfahrzeuges gesamtschuldnerisch haften. Dem Fahrer als Arbeitskollegen sowie dem Halter als Arbeitgeber kommen jedoch die Haftungsprivilegien der §§ 104105 SGB VII zugute. Die Geltendmachung eines etwaigen Personenschadens eines Mitfahrers ist somit ausschließlich gegenüber dem unfallbeteiligten Drittfahrzeug möglich, aufgrund der gestörten Gesamtschuld jedoch begrenzt auf die jeweilige Haftungsquote.[10]

Es kommt dabei auf die Verantwortlichkeit zur Schadensverhütung an. Haftet der im Betrieb Tätige aus § 823 BGB, der nicht privilegierte Unternehmer aber nur nach § 831 BGB, ist dieser nach § 840 Abs. 2 BGB von der Haftung befreit.[11] Wenn also beispielsweise bei einem Unfall auf einer gemeinsamen Betriebsstätte der Mitarbeiter als privilegierter Erstschädiger den Tatbestand des § 823 BGB erfüllt hat, ist der Unternehmer als nicht-privilegierter Zweitschädiger wegen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses leistungsfrei, wenn er nur aus § 831 BGB (oder aus § 7 StVG) mithaften würde. Haftet er jedoch wegen eigenen Pflichtverletzungen beispielsweise nach § 823 BGB (wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten oder wegen eines Organisationsmangels), ist wiederum entsprechend abzuwägen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge