Mutwilligkeit der gesonderten Rechtsverteidigung

Die Ausführungen des OLG Brandenburg betreffend die Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverteidigung der Bekl. zu 1. durch Bestellung eines eigenen Prozessbevollmächtigten sind zutreffend. Angesichts der vom OLG erwähnten Regelungen in den AKB würde ein nicht bedürftiger Fahrer/Halter seine Vertretung im Kfz-Haftpflichtprozess der mitverklagten Haftpflichtversicherung überlassen und von der Bestellung eines eigenen Prozessbevollmächtigten absehen. Allerdings sind die vom OLG Brandenburg für seine Auffassung herangezogenen Gerichtsentscheidungen, die teilweise den Fall betreffen, in dem der Haftpflichtversicherer dem Versicherer als Streithelfer beigetreten ist, überholt.

Keine Mutwilligkeit der gesonderten Rechtsverteidigung

Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen. So ist beispielsweise die gesonderte Vertretung des Versicherungsnehmers nicht mutwillig i.S.v. § 114 Satz 1 ZPO a.F. = § 114 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO n.F., wenn sich ein Versicherungsnehmer, der sich im Verkehrshaftpflichtprozess gegen den von seinem mit verklagten Haftpflichtversicherer gegen ihn erhobenen Vorwurf eines versuchten Versicherungsbetrugs verteidigen will, obwohl ihm der Haftpflichtversicherer als Streithelfer beigetreten ist und dessen Prozessbevollmächtigter auf diesem Wege auch für ihn Klageabweisung beantragt hat (BGH zfs 2010, 583 mit Anm. Hansens = RVGreport 2010, 398 [Hansens]; BGH SVR 2011, 226; OLG Köln VersR 1997, 597; OLG Düsseldorf Verkehrsrecht Aktuell 2009, 165). Gleiches gilt in dem Fall, in dem dem im Kfz-Haftpflichtprozess in Anspruch genommenen Versicherungsnehmer wegen der Nichtzahlung der Erstprämie gem. § 37 Abs. 2 VVG droht, von der mitverklagten Kfz-Haftpflichtversicherung in Regress genommen zu werden (OLG Frankfurt RVGreport 2018, 38 [Hansens] = AGS 2018, 147). In beiden Fallgestaltungen sind die Interessen der Haftpflichtversicherung und des Versicherungsnehmers nicht gleichgelagert, was die gesonderte Beiordnung eines Rechtsanwalt für den bedürftigen Versicherungsnehmers rechtfertigt. IM Fall des OLG Brandenburg lag kein solcher Ausnahmefall vor.

Exkurs: Kostenerstattung

Das OLG Brandenburg hat auch kurze Hinweise zur Kostenerstattung gemacht. Ähnlich wie die Mutwilligkeit, deren Fehlen Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist, beurteilt sich die Notwendigkeit der Rechtsverteidigung durch einen gesonderten Prozessbevollmächtigten gem. § 91 Abs. 1 ZPO im Rahmen der Kostenerstattung.

Grundsatz

In einem solchen Fall, wie er hier dem OLG Brandenburg vorgelegen hat, ist für den Versicherungsnehmer/Fahrer die Bestellung eines eigenen Rechtsanwalts nicht notwendig, und die damit verursachten Kosten sind dann auch nicht erstattungsfähig, wenn kein besonderer sachlicher Grund für die Einschaltung eines eigenen Anwalts bestanden hat (BGH zfs 2004, 379 = RVGreport 2004, 188 [Hansens] = JurBüro 2004, 323 = AGS 2004, 188). Der Versicherungsnehmer ist nämlich – ebenso wie der Fahrer des versicherten Fahrzeugs – im Kfz-Haftpflichtprozess im Innenverhältnis nach den AKB gehalten, die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen und dem Rechtsanwalt, den der Versicherer bestellt, Vollmacht zu erteilen. Verstößt der Versicherungsnehmer/Fahrer gegen diese Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag, so wirkt sich dies auch auf das Erstattungsverhältnis zur unterlegenen Gegenpartei aus. Die Bekl. können deshalb insgesamt nur diejenigen außergerichtlichen Kosten erstattet verlangen, die bei gemeinsamer Vertretung durch den von der Versicherung bestellten Rechtsanwalt angefallen wären.

Ausnahmen

Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann und führt zur Erstattungsfähigkeit auch der gesamten Anwaltskosten des Versicherungsnehmers, wenn ein besonderer sachlicher Grund für die Einschaltung eines eigenen Rechtsanwalts bestanden hat. Hierzu müsste der Versicherungsnehmer im Kostenfestsetzungsverfahren darlegen und im Streitfall glaubhaft machen, dass zwischen ihm und seiner Haftpflichtversicherung eine Interessenkollision bestanden hat (OLG München JurBüro 1995, 264). Eine solche Interessenkollision liegt jedoch dann nicht vor, wenn zwischen dem Versicherungsnehmer und seiner Haftpflichtversicherung Streit über die Notwendigkeit oder die Angemessenheit einer Schadensersatzleistung des Versicherers besteht und eine Rückstufung des Versicherungsnehmers droht (s. BGH a.a.O.).

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens

zfs 3/2019, S. 167 - 169

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