[10]“ … Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

[11] 1. Zutreffend geht das BG zunächst davon aus, dass die Regelung in Ziffer 2 g) der Mietbedingungen der Kl. gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist, weil nach ihr die vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkung ohne Rücksicht auf das Verschulden des Mieters und die Relevanz der Obliegenheitsverletzung für die Interessen der Kl. entfällt.

[12] a) Zwar wird nach der Rspr. des Senats der Mieter eines Kfz nicht unangemessen benachteiligt, wenn in AGB die gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts gewährte Haftungsfreistellung davon abhängig gemacht wird, dass er bei Unfällen die Polizei hinzuzieht. Eine solche Klausel ist daher wirksam. Die Vereinbarung, dass bei jedem Unfall die Polizei hinzugezogen werden muss, begründet – in Begriffe der Kaskoversicherung umgesetzt – eine Obliegenheit des Mieters. Diese fügt sich in das Leitbild der Kaskoversicherung ein. Der Mieter hat es in der Hand, entweder die Obliegenheit zu erfüllen oder sich über sie hinwegzusetzen, dann aber seine Haftungsfreiheit einzubüßen. Die Obliegenheit hat auch nicht eine Verpflichtung zum Gegenstand, sich selbst bei der Polizei anzuzeigen. Der Mieter hat lediglich bei Unfällen die Polizei hinzuzuziehen, um an Ort und Stelle die erforderlichen Feststellungen treffen zu lassen. Er ist weder verpflichtet, sich selbst zu belasten, noch wird sein Recht, in einem Ermittlungsverfahren die Aussage zu verweigern, berührt (Senatsurt. v. 14.3.2012 – XII ZR 44/10, NJW 2012, 2501 Rn 16 m.w.N.).

[13] b) Ebenfalls zutreffend nimmt das BG an, dass der Mieter durch die Regelung in Ziffer 2 g) der Mietbedingungen der Kl. unangemessen benachteiligt wird, weil in dieser Klausel bei einem Verstoß gegen die Verpflichtung, bei einem Unfall die Polizei zu verständigen, uneingeschränkt ein völliger Wegfall der vereinbarten Haftungsfreistellung vorgesehen ist.

[14] aa) Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine Klausel ist unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurt. v. 19.12.2007 – XII ZR 61/05, NJW-RR 2008, 818 Rn 17). Im Zweifel ist eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

[15] bb) Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrags gegen Entgelt eine Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung, so darf dieser – gleichsam als Quasi-VN – darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kfz und als VN in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde. Nur bei Einräumung dieses Schutzes genügt der gewerbliche Vermieter von Kfz seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner AGB die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen. Deshalb hat sich die Freistellungszusage auch hinsichtlich der Rechtsfolge der Obliegenheitsverletzung am Leitbild der Kaskoversicherung zu orientieren (vgl. Senatsurt. v. 14.3.2012 – XII ZR 44/10, NJW 2012, 2501 Rn 17–19).

[16] cc) Mit der Reform des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz – VVG) v. 23.11.2007 (BGBl I S. 2631) wurde das in § 6 VVG a.F. enthaltenen Alles-oder-Nichts-Prinzip, wonach bei einer Obliegenheitsverletzung der VN ohne Einschränkung seinen Versicherungsschutz verlor, aufgegeben (vgl. BT-Drucks 16/3945, S. 69; BGH Urt. v. 11.1.2012 – IV ZR 251/10, NJW-RR 2012, 58 Rn 10; ausführlich dazu MüKo-VVG/Wandt, § 28 Rn 8 ff.). Die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung bestimmen sich nunmehr nach § 28 VVG. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift wird der VR bei Verletzung einer vom VN zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nur dann von der Leistung frei, wenn der VN vorsätzlich gehandelt hat. Bei einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit, für deren Nichtvorliegen der VN die Beweislast trägt, ist der VR lediglich berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Gem. § 28 Abs. 3 S. 1 VVG bleibt der VR jedoch auch in diesen Fällen zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt noch für die Feststellung des Versicherungsfalls oder für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des VR ursächlich ist.

[17] Eine Vertragsbestimmung in AGB eines VR, nach der eine g...

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