Arbeitskreis I: Erwerbsschadensermittlung bei Verletzung vor oder kurz nach dem Berufseinstieg

  1. Der Verkehrsgerichtstag hält die Festsetzung eines pauschalen Mindesterwerbsschadens von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die vor Eintritt in das Erwerbsleben Opfer eines Verkehrsunfalls geworden sind, durch den Gesetzgeber nicht für erforderlich. Vielmehr können auf der Grundlage der geltenden Rechtsprechung schon jetzt interessengerechte Ergebnisse im jeweiligen Einzelfall erzielt werden. Insbesondere kann durch die vom Bundesgerichtshof aufgestellte Vermutung, dass jugendliche Menschen in aller Regel Einkünfte durch Einsatz ihrer Arbeitskraft erzielen, ein Mindesteinkommen festgestellt werden, auch wenn sich nicht beweisen lässt, dass sich der behauptete Berufswunsch realisiert hätte.
  2. Zur sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der an der Schadensregulierung Beteiligten empfiehlt es sich, dass die Parteien frühzeitig gemeinsame Gespräche aufnehmen, in denen auch die tatsächlichen Grundlagen eines Anspruchs geklärt werden können. Soweit ein Erwerbsschaden feststeht oder jedenfalls deutlich absehbar ist, sollte der Versicherer zur Verhinderung einer wirtschaftlichen Notlage des Geschädigten angemessene Vorschusszahlungen leisten.
  3. Die mit der Regulierung dieser Schäden verbundenen komplexen Rechtsfragen erfordern auf Seiten des Geschädigten den Beistand eines spezialisierten Anwalts. Diesem müssen auf Seiten des Gerichts aber entsprechend spezialisierte Spruchkörper gegenüber stehen. Es ist erforderlich, dass Personenschadenssachen besonderen Kammern/Senaten anvertraut werden, die auch entsprechend fortgebildet werden. Schwere Personenschadenssachen sollten nicht von Einzelrichtern entschieden werden. Soweit eine Spezialisierung aus gerichtsorganisatorischen Gründen nicht möglich ist, sind überörtliche Zuständigkeiten zu schaffen.

Arbeitskreis II: Minderjährigenschutz versus Schutz der anderen Unfallbeteiligten – zwei sich ausschließende Prinzipien?

Der AK empfiehlt:

  1. – nahezu einstimmig – den stetig zunehmenden Gefahren im Straßenverkehr auch durch eine Intensivierung der Verkehrserziehung von Kindern in Kindergärten, Schulen und Familien zu begegnen.
  2. – mit großer Mehrheit –

    a. die derzeitige Haftungsgrenze im motorisierten Straßenverkehr bei 10 Jahren zu belassen

    b. weitere Rechtstatsachenforschung zur Entwicklungspsychologie von Kindern im Straßenverkehr zu betreiben.

  3. – nahezu einstimmig – die individuelle Einsichtsfähigkeit bei Kindern oberhalb der Haftungsgrenze von 10 Jahren durch Sachverständigengutachten gründlich zu überprüfen.
  4. – mit deutlicher Mehrheit – den Schutz des durch kindliches Verhalten Geschädigten im Falle schwerer Körperschäden nicht zu verändern, weil bereits ausreichende gesetzliche und private Absicherungsmöglichkeiten bestehen.

Arbeitskreis III: Aggressivität im Straßenverkehr

  1. Aggressive Verhaltensweisen im Straßenverkehr gefährden die Verkehrssicherheit. Aufgrund der komplexen Ursachenstruktur und der unterschiedlichen Erscheinungsformen von Aggressionen im Straßenverkehr sind ein Bündel aufeinander abgestimmter Maßnahmen und ein Zusammenwirken aller für die Verkehrssicherheit verantwortlichen Institutionen erforderlich.
  2. Die durch aggressives Verhalten entstehenden Rechtsgutverletzungen werden von den bestehenden Regelungen grundsätzlich abgedeckt. Es ist jedoch eine Verstärkung der Ressourcen zur Verkehrsüberwachung notwendig, die insbesondere den Kraftfahrzeug- und den Fahrradverkehr betrifft. Verstärkte Verkehrsüberwachung ist zu ergänzen um spezialpräventiv wirksame Sanktionen.
  3. Zur systematischen Feststellung des Umfangs und der Entwicklung von Aggression im Straßenverkehr wird ein regelmäßiges Monitoring empfohlen, von dessen Ergebnissen zielführende Maßnahmen abgeleitet und evaluiert werden.
  4. Es wird eine Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei den Verwaltungsbehörden zur Überprüfung der Fahreignung in Folge aggressiver Delikte empfohlen. Hierzu wird angeregt, dass die Polizeibehörden in Abstimmung mit den Fahrerlaubnisbehörden einen empfehlenden Deliktkatalog erarbeiten, der Taten beinhaltet, die typischerweise Zweifel an der Fahreignung begründen.
  5. Zur Entwicklung einer nachhaltigen Verkehrskultur sind kommunikative, edukative und rehabilitative Maßnahmen zur Sensibilisierung von Verkehrsteilnehmern für die Problematik aggressiver Verhaltensweisen im Straßenverkehr unverzichtbar.

Arbeitskreis IV: Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr

I. Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit

Die Akzeptanz von Geschwindigkeitsmessungen muss erhöht werden. Deswegen sind Ort, Zeit und Auswahl der Messstellen ausschließlich an der Verkehrssicherheit und dem Umweltschutz (insbesondere Schutz vor Lärm und Luftverschmutzung) auszurichten.
Eine Aus- und Fortbildung des Messpersonals ist zwingend erforderlich und muss in der Gebrauchsanweisung vorgeschrieben sein. Sie hat sich an dem jeweils aktuellen technischen Stand der Messanlage zu orientieren und ist nachvollziehbar zu dokumentieren.

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