Bei Anfechtungsklagen im Bereich des Verkehrsrechts – gerade beim Entzug der Fahrerlaubnis – gilt grundsätzlich als maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt die Sach- und Rechtslage bei Erlass der letzten Behördenentscheidung.:[20] In Ländern, in denen die Maßnahmen auf dem Gebiet des Straßenverkehrsrechts einem Widerspruchsverfahren unterliegen,[21] stellt sich somit die Frage, ob die Tilgung von Punkten während des Widerspruchverfahrens dazu führt, dass ein Entzug der Fahrerlaubnis keinen Bestand haben kann, wenn für den Betroffenen zwar bei Erlass des Entzugsbescheids 18 Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen waren, bei Erlass des Widerspruchsbescheids aber weniger als 18 Punkte. In diesem Fall gilt die Ausnahme, dass das materielle Recht eine Abweichung von der Grundregel (maßgeblicher Zeitpunkt bei der Anfechtungsklage letzte Behördenentscheidung) bestimmt:[22] Wenn in § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG der Gesetzgeber denjenigen, dessen Punktestand 18 Punkte im Verkehrszentralregister erreicht, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ansieht, so kann eine spätere Verringerung des Punktestandes diesen Mangel nicht verändern. Vielmehr muss der Betroffene für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 10 Satz 3 StVG grundsätzlich eine positive medizinisch-psychologische Untersuchung beibringen. Dafür werden dann die zuvor für ihn eingetragenen Punkte gestrichen (§ 4 Abs. 2 Satz 3 StVG). Auch diese Frage ist erst vor Kurzem höchstrichterlich geklärt worden,[23] sie wurde zuvor unterschiedlich beantwortet.[24]
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