Aus den Gründen: „… II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Die Klage ist nur z.T. begründet. Dem Kläger stehen lediglich Ansprüche in Höhe von 3.328,89 EUR sowie weiterer 146,85 EUR, jeweils nebst Rechtshängigkeitszinsen, zu. Im Einzelnen:

1.) Der Versicherungsfall “Sturm’ nach § 4 Nr. 1c, 8 VGB 88 und die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der vom Kläger geltend gemachten Positionen – wie vom LG zugesprochen – ist nicht im Streit. Streitig sind eine evtl. Leistungsfreiheit der Beklagten wegen Verletzung der Obliegenheit nach § 20 Nr. 1e VGB 88 bzw. wegen § 21 VGB 88 (arglistige Täuschung) und die Höhe des Anspruches.

2.) Die Beklagte ist weder nach § 20 Nr. 1e VGB 88 (Veränderung der Schadensstelle) noch nach § 21 VGB 88 (Arglist) leistungsfrei.

a) Nach § 20 Nr. 1 e VGB 88 hat der Versicherungsnehmer Veränderungen der Schadenstelle möglichst zu vermeiden, solange der Versicherer nicht zugestimmt hat. Dabei stellt die gewählte Formulierung (“möglichst’) die Erfüllung der Obliegenheit nicht in das Belieben des Versicherungsnehmers, sondern eröffnet nur die Möglichkeit, Sonderfälle abweichend zu beurteilen (Senat, VersR 2005, 644). Nach allgemeinen Grundsätzen ist der Versicherer für das Vorliegen aller Voraussetzungen der Klausel beweisbelastet.

aa) Der Kläger hat in Bezug auf das Objekt S 3 diese Obliegenheit nicht verletzt. Wie dem Schreiben der Beklagten vom 24.8.2006 zu entnehmen ist, hat sie einer – wie auch immer gearteten – Reparatur zugestimmt. Dort heißt es u.a.: “Abgesprochen war mit Herrn B, dass der Kamin wieder fest gemacht werden könne, sofern sich herausstellen sollte, dass der Sturm hier Schäden verursacht hat’.

Stimmt der Versicherer einer Reparatur zu, so erteilt er aber gleichzeitig auch die Zustimmung zur Veränderung der Schadenstelle, und zwar unabhängig von der Art und Weise, wie die Reparatur später durchgeführt wird. Der Umstand, dass die Durchführung der – dem Grunde nach erlaubten – Reparatur unter Umständen dazu führt, dass Beweismittel verloren gehen, ist nicht gleich bedeutend mit dem Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung und ist von der Frage, was der Versicherer zu ersetzen hat und wofür der Versicherungsnehmer beweisbelastet ist, zu unterscheiden.

bb) In Bezug auf das Objekt S 3 greift der Einwand der Obliegenheitsverletzung ebenfalls nicht ein. Unstreitig sollte der Kläger in Bezug auf die beschädigten Stegplatten einen Kostenvoranschlag einholen. Entsprechende Kostenvoranschläge hat er am 29.5.2006 bei der Agentur der Beklagten persönlich eingereicht. Unabhängig von der Frage, ob der Kläger bei Übergabe der Angebote ausdrücklich darauf hinwies, dass nicht drei, sondern sieben, Platten gerissen waren, trägt die Beklagte nicht vor, dass die Zeugen dem Kläger untersagt hätten, den Schaden zu reparieren. Der Vortrag der Beklagten lässt lediglich den Schluss zu, dass die Zeugen sich hierzu gar nicht geäußert haben. Das konnte der Kläger jedenfalls nicht als Verweigerung der Zustimmung zur Reparatur (und somit zur Veränderung der Schadenstelle) verstehen. Im Übrigen bedurfte es auch gar keines Hinweises auf die Beschädigung weiterer vier Platten. Die Angebote sind so übersichtlich, dass durch einen einfachen Blick darauf sich jedem sofort erschließt, dass – nach den Angeboten – sieben, Platten (und nicht nur drei) zu ersetzen waren.

Durch die Nichtaufbewahrung der Platten bzw. deren Beseitigung hat der Kläger bereits objektiv nicht gegen die Obliegenheit verstoßen, die Schadensstelle unverändert zu lassen. Die Klausel regelt nicht eine Aufbewahrungspflicht, sondern ein Veränderungsverbot (in Bezug auf den Ort des Schadenseintritts, der Schadenstelle). Die Nichtaufbewahrung bzw. Vernichtung beschädigter und ausgetauschter Teile ist daher bereits objektiv nicht vom Wortlaut der Klausel umfasst. Ein über den Wortlaut der Klausel liegender Sinngehalt wird sich jedenfalls einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht erschließen. Zur Anfertigung von Lichtbildern war der Kläger bedingungsgemäß ebenfalls nicht verpflichtet.

Im Übrigen muss man auch in diesem Zusammenhang die Frage, ob der Kläger den Schadensumfang zu beweisen vermag, von der Frage des Vorliegens einer Obliegenheitsverletzung unterscheiden.

c) Die Beklagte hat eine – leistungsbefreiende – arglistige Täuschung nach § 21 VGB 88 bereits nicht hinreichend dargelegt. Allein der Hinweis darauf, dass “Kosten geltend gemacht worden sind, die nichts mit dem Sturmschäden zu tun haben’ reicht nicht aus, Arglist darzulegen, zumal es sich bei den angesprochenen Positionen um Bestandteile von Handwerkerrechnungen handelt, die im Zusammenhang von zumindest dem Grunde nach gerechtfertigten Reparaturen durchgeführt worden sind. Letztlich führt nicht jede geltend gemachte Schadensposition, die ein Versicherungsnehmer nicht als schadensbedingt beweisen kann, zur Annahme von Arglist. Das LG hat die Kosten gem. Rechnung S nicht deswegen als nicht ersatzfähig angesehen, weil die Arbeiten nicht sturmbedingt gewesen wären...

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