SaarlBG § 93 Abs. 1 S. 1; BGB § 249 Abs. 2

Leitsatz

1. Der Betrieb eines Dienstfahrzeuges bei Ölverlust rechtfertigt den Vorwurf grober Fahrlässigkeit.

2. Der an einem Geschwindigkeitsmessfahrzeug entstandene Schaden beurteilt sich nach dem funktionellen Gebrauchswert, da der Charakter als Nutzfahrzeug im Vordergrund steht.

VG des Saarlandes, Urt. v. 22.5.2007 – 2 K 225/06 – rechtskräftig

Sachverhalt

Der Kl., ein Polizeihauptmeister im Dienste des Saarlandes, wendet sich gegen seine Heranziehung zum Schadensersatz wegen eines von ihm an einem Dienstfahrzeug des Bekl. verursachten Schadens.

Mit einem als Geschwindigkeitsmessfahrzeug ausgebauten Dienstfahrzeug setzte der Kl. bei einer Dienstfahrt mit der Ölwanne auf einem Betonsockel auf, aus dem Gewindebolzen herausragten. Obwohl der Kl. bei der von ihm anschließend durchgeführten Kontrolle des Unterbodens des Dienstfahrzeuges feststellte, dass aus der Ölwanne Motoröl auslief, trat er die Rückfahrt zu seiner Dienststelle an. Nach einer Fahrstrecke von etwa 3 km blieb das Dienstfahrzeug infolge Motorschadens liegen.

Der Bekl. nahm den Kl. auf der Grundlage des § 93 Abs. 1 SBG mit Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 22.4.2005 auf Schadensersatz in Höhe von 2.877,20 EUR in Anspruch. Die Beteiligten stritten darüber, ob das Verhalten des Kl. als grob fahrlässig anzusehen ist und über die Höhe des zu erstattenden Schadens.

Die Klage blieb im Wesentlichen ohne Erfolg.

Aus den Gründen

“Die zulässige Klage hat nur z.T. Erfolg.

Der – in Höhe eines Betrages von 1000 EUR – angefochtene Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 22.4.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.5.2006 erweist sich ganz überwiegend als rechtmäßig. Erfolg hat die Klage nur insoweit, als für Glühkerzen 49,01 EUR – inkl. Mwst. – in Rechnung gestellt werden. Der insgesamt zu erstattende Schadensersatzbetrag beträgt damit – wie im Urteilstenor klargestellt – 2828,19 EUR.

Der Beklagte hat gegen den Kläger einen Schadensersatzanspruch aus § 93 Abs. 1 S. 1 SBG. Nach dieser Vorschrift hat ein Beamter dem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, den Schaden zu ersetzen, der durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der ihm obliegenden Pflichten entstanden ist.

Zu den sich aus seinem Treueverhältnis gegenüber dem Dienstherrn ergebenden Dienstpflichten eines Beamten gehört es, den Dienstherrn vor Schaden zu bewahren und unmittelbar und mittelbar den Dienstherrn schädigende Handlungen zu unterlassen (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 11.3.1999 – 2 C 15.98 –, ZBR 1999, 278 m.w.N.)

Dementsprechend schuldet der Beamte seinem Dienstherrn einen sorgsamen und pfleglichen Umgang mit den ihm zur Dienstausübung überlassenen Sachgütern. Dies gilt auch für den Gebrauch eines Dienstfahrzeuges; der Beamte ist angehalten, die ihm anvertrauten Dienstfahrzeuge mit der gebotenen Sorgfalt zu führen und möglichst Schäden zu vermeiden.

Die ihm insoweit obliegende Sorgfaltspflicht hat der Kläger objektiv dadurch verletzt, dass er mit dem von ihm geführten Dienstfahrzeug trotz beschädigter Ölwanne die Rückfahrt zu seiner Dienststelle angetreten und dadurch einen Motorschaden verursacht hat.

Das für die Haftung nach § 93 Abs. 1 S. 1 SBG erforderliche Verschulden des Klägers ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten ebenfalls anzunehmen. Nach dem auch im öffentlichen Dienstrecht heranzuziehenden Rechtsgedanken des § 282 BGB trifft den Beamten, der objektiv eine Dienstpflicht verletzt hat, die materielle Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung ohne ein für die Haftung ausreichendes Verschulden begangen hat. Obwohl der Beamte nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet, geht es beim Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung und eines dadurch verursachten Schadens zu seinen Lasten, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass er die Pflichtverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen hat (vgl. u.a. BVerwG, Urteile v. 11.3.1999 a.a.O. und vom 8.2.1983 – 2 C 82.81 –, Buchholz 232 § 78 Nr. 27).

Grob fahrlässig handelt dabei, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und dabei nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss, oder wer die einfachsten, ganz nahe liegenden Überlegungen nicht anstellt. Grobe Fahrlässigkeit setzt demnach ein ungewöhnlich hohes Maß an Fahrlässigkeit voraus. Objektiv ist danach ein schwerer Verstoß gegen die erforderliche Sorgfalt und subjektiv ein persönlich besonders schwer vorwerfbares Verhalten erforderlich (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 17.9.1964 – II C 147.61 –, BVerwGE 19, 243; ferner BGH, Urt. v. 8.7.1992 – IV ZR 223/91 –, NJW 1992, 2418).

Im konkreten Fall hat der Kläger, indem er das Dienstfahrzeug nach der Beschädigung der Ölwanne in Betrieb genommen hat und zu seiner Dienststelle zurückgefahren ist, obwohl er festgestellt hatte, dass aus der Ölwanne Motorenöl auslief, dasjenige nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Auch einem kraftfahrzeugtechnischen Laien muss bekannt sein, dass der Betrieb eines Fahrzeuges ohne ausreichende Ölmeng...

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