Zitat

…1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den nach § 11 Abs. 3 Satz 2 RVG i.V.m. §§ 165, 151 VwGO ergangenen Erinnerungsbeschluss des Verwaltungsgerichts ist teilweise begründet. Die von den Antragstellern am 18.12.2019 nach § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG beantragte Vergütungsfestsetzung in Höhe von insgesamt 1.926,97 EUR war – entgegen der mit der Erinnerung angegriffenen Entscheidung des Urkundsbeamten … nicht in vollem Umfang gemäß § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG wegen einer außergebührenrechtlichen Einwendung des Antragsgegners abzulehnen.

a) Nach § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG genügt grundsätzlich schon die bloße Erhebung einer nichtgebührenrechtlichen Einwendung oder Einrede, um die Titulierung der anwaltlichen Vergütung im Festsetzungsverfahren auszuschließen; eine schlüssige Darlegung ist dabei nicht erforderlich (vgl. BayVGH, B. v. 23.8.2012 – 22 C 12.1418 – BayVBl 2013, 639 Rn 20 m.w.N.). Anderes gilt aber, wenn der nichtgebührenrechtliche Einwand offensichtlich haltlos, gleichsam "aus der Luft gegriffen" ist oder wenn er erkennbar rechtsmissbräuchlich eingesetzt wird (BayVGH, a.a.O.; OVG NW, B. v. 22.6.2020 – 4 E 180/19 – juris Rn 2; BVerfG, B. v. 25.4.2016 – 1 BvR 1255/14 – Rn 3 m.w.N.). Die Einwendung darf sich nicht in einer abstrakten Rechtsbehauptung oder in einer bloßen Unmutsäußerung über die anwaltliche Tätigkeit des Anspruchstellers erschöpfen, sondern muss an bestimmte Gegebenheiten des dem Festsetzungsverfahren vorangegangenen Gerichtsverfahrens bzw. an näher bezeichnete Aspekte der dieses Verfahren betreffenden anwaltlichen Tätigkeit anknüpfen, so dass erkennbar wird, aus welchem konkreten Lebenssachverhalt der Anspruchsgegner eine Einwendung oder Einrede gegen die Honorarforderung herleitet (BayVGH, a.a.O., Rn 22 m.w.N.).

b) Hieran gemessen hat der Antragsgegner hinsichtlich eines Teilbetrags des behaupteten Gebührenanspruchs eine im Festsetzungsverfahren beachtliche Einwendung erhoben. Zwar reichte dazu die in seinem Schreiben vom 1.2.2020 enthaltene allgemeine Aussage, der auf Seiten der Antragsteller tätig gewordene Rechtsanwalt habe "seine Forderungen zur Zahlung stets erhalten", für sich betrachtet mangels Bezugnahme auf ein bestimmtes Verfahren noch nicht aus. Mit der weiteren Aussage "Wir haben Ihnen hier auch die Belege mit beigefügt" und der Vorlage von (kopierten) Banküberweisungen aus den Jahren 2013 und 2014 mit Einzelbeträgen von 281,89 EUR, 500,00 EUR und 214,20 EUR hat der Antragsgegner aber hinreichend substantiiert dargetan, worauf sich seine allgemeine Einwendung bezieht. Ob diese (unstreitig erfolgten) Zahlungen, wie aus der späteren Kostenrechnung vom 12.5.2016 hervorgeht, auf Forderungen der Antragsteller aus einer außergerichtlichen Tätigkeit angerechnet werden durften, so dass der Honoraranspruch aus der gerichtlichen Tätigkeit davon unberührt blieb, ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen und muss der Klärung in einem etwaigen zivilgerichtlichen Verfahren vorbehalten bleiben.

Als hinreichend substantiiert kann der vom Antragsgegner erhobene Erfüllungseinwand allerdings nur angesehen werden, soweit er die genannten Einzelzahlungen mit dem Gesamtbetrag von 996,09 EUR betrifft. Die weitergehende pauschale Behauptung, der beauftragte Rechtsanwalt habe "seine Forderungen … stets erhalten" (Schreiben vom 1.2.2020) bzw. es seien "mehrere Forderungen" an den Antragsgegner gerichtet worden, die "die Arbeit bezahlt" hätten (E-Mail vom 29.4.2020), weist hingegen nicht den nach § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG erforderlichen konkreten Fallbezug auf und genügt daher nicht für eine auf diese Vorschrift gestützte Ablehnung des Festsetzungsantrags. Der Antragsgegner hat auch bei seiner erneuten Anhörung durch den Urkundsbeamten nicht vorgetragen, auf die erst am 12.5.2016 ergangene abschließende Kostenrechnung der Antragsteller noch irgendwelche weiteren Zahlungen geleistet zu haben. Nötig wären unter diesen Umständen aber zumindest Darlegungen zum Zeitpunkt und zur Art der Zahlung (vgl. Toussaint Kostenrecht, 51. Aufl. 2021, § 11 Rn 83 m.w.N.). Hinsichtlich des Differenzbetrags von (1.926,97 – 996,09 =) 930,88 EUR fehlt es somit an einer im Festsetzungsverfahren beachtlichen Einwendung, so dass den Antragstellern – bei Hinzurechnung ihrer Zustellauslagen in Höhe von 4,11 EUR – eine noch zu zahlende Vergütung von insgesamt 934,99 EUR zuzusprechen ist.

Der Zinsanspruch folgt aus § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 247 BGB.

2. Die Kostenentscheidung für das gerichtliche Verfahren ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 11 Abs. 2 Satz 4 und 6 RVG.

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