Das AG Eckernförde[38] hat, allerdings in einer Strafsache, die Beiordnung eines Pflichtverteidigers bei Einholung eines anthropologischen Sachverständigengutachtens bejaht, dies aufgrund der Schwierigkeit der Sachlage und wegen "der nicht abschließend geklärten Anforderungen an eine solche Form der Beweisgewinnung".[39] Ich halte dies für keine zu generalisierende Entscheidung und zwar mit Blick auf die Bedeutung des Gutachtens zur Frage der Fahreridentität in Bußgeldsachen: solche Gutachten ermöglichen gerade keine Feststellung einer prozentualen Wahrscheinlichkeit der Identität zwischen Betroffenem und abgelichtetem Fahrer, erst recht keine statistische Verteilung von Körpermerkmalen in der Bevölkerung (mehr), sondern geben eine subjektive Einschätzung eines Sachverständigen zur Identifizierung, basierend auf anthropologischen und morphologischen Kriterien wieder. Diese steht selbstständig neben der subjektiven Einschätzung des erkennenden Richters zur Frage der Wiedererkennung des Betroffenen mit der abgelichteten Person.[40] Wenn sich der Richter sicher ist und das Gutachten keine vollständig sichere Identität feststellt, kann der Richter mit entsprechendem Begründungsaufwand dennoch verurteilen. Dies ist aber eine Frage, die aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung beantwortet wird, wo der Sachverständige üblicherweise sein Gutachten erstattet. Aber auch wenn ein schriftliches Gutachten nach vorheriger Begutachtung des Betroffenen beim Sachverständigen vorliegen sollte, stellt die Auseinandersetzung damit für einen normal verständigen Betroffenen keine außergewöhnliche Schwierigkeit dar.

[38] AG Eckernförde, Beschl. v. 5.1.2011 – 51 Gs 1/11http://www.burhoff.de/insert/?/asp_weitere_beschluesse/inhalte/1157.htm; die Fundstelle "VA 2011, 57", zitiert bei Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl., 2012, Rn 2028, konnte nicht verifiziert werden.
[39] Verwiesen wird dabei auf BGH, Urt. v. 15.2.2005 – NStZ 2005, 468 ff.
[40] Vgl. dazu Bellmann/Brückner in: Burhoff/Neidel/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 2. Aufl., 2011, 401 ff.

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