Die Entscheidung ist zwar anwaltsfreundlich, mich überzeugt jedoch deren Begründung nicht.

Bereits der amtliche LS der Entscheidung des BGH geht zu Unrecht davon aus, dass dem in eigener Sache tätigen Rechtsanwalt eine "Rechtsanwaltsvergütung … entsteht". Dies ist jedoch bei Selbstvertretung eines Anwalts in einem Zivilprozess gerade nicht der Fall. Dem obsiegenden Anwalt steht lediglich ein Kostenerstattungsanspruch gegen die im Rechtsstreit unterlegene Partei in Höhe der Gebühren und Auslagen zu, die ihm im Falle einer Fremdvertretung angefallen wären. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO fingiert somit zugunsten der obsiegenden Partei für die Kostenerstattung einen tatsächlich nicht bestehenden Anwaltsvertrag mit Vergütungsverpflichtung. Im entschiedenen Fall bestand eine solche Kostenerstattungspflicht des Antragsgegners bzw. des Bekl. zugunsten des klagenden Rechtsanwalts in den Ausgangsverfahren jedoch nicht.

Den Überlegungen des BGH zur Auslegung des § 5 Abs. 1a ARB 1994 kann ich nicht folgen. Der Wortlaut dieser Vorschrift betrifft lediglich die Einstandspflicht der Rechtsschutzversicherung bis zur Höhe der gesetzlichen Anwaltsvergütung, setzt also deren Anfall voraus. Von Kostenerstattung, die den vom BGH vorgenommenen Rückgriff auf § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO vielleicht zulassen könnte, ist dort jedoch keine Rede.

Ich halte es auch nicht für überzeugend, wenn der BGH zur Auslegung des § 5 Abs. 1a ARB 1994 die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO heranzieht. Unterliegt der den Rechtsstreit in eigener Sache führende Anwalt, greift § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO mangels Erstattungspflicht der Gegenseite nicht ein. Obsiegt hingegen der in eigener Sache tätige Rechtsanwalt, so tritt – die Eintrittspflicht des Rechtsschutzversicherers unterstellt – diese Versicherung im Regelfall eben wegen der Erstattungspflicht des unterlegenen Gegners nicht ein. Der BGH zieht somit eine Vorschrift zur Auslegung des § 5 Abs. 1a ARB 1994 heran, die im Verhältnis zur Rechtsschutzversicherung praktisch nicht einschlägig ist.

Die Rechtsschutzversicherungen werden sich künftig darauf einzustellen haben, dass sie auch die tatsächlich nicht entstandene "Vergütung" für die gerichtliche Tätigkeit des rechtsschutzversicherten, in eigener Angelegenheit tätigen Anwalts zu ersetzen haben. Allerdings sollte die Entscheidung des BGH kein Freibrief für den rechtsschutzversicherten Rechtsanwalt sein, mal wieder öfter einen Rechtsstreit in eigener Sache zu führen. Die Rechtsschutzversicherer werden sicherlich genauer hinsehen, ob dem Versicherungsnehmer eine Obliegenheitspflichtverletzung vorzuwerfen ist. Im entschiedenen Fall hat der BGH eine solche Obliegenheitspflichtverletzung angenommen, weil der Anwalt nicht vor Einleitung der Verfahren die Zustimmung der Rechtsschutzversicherung eingeholt hat. Dies hat immerhin zur Kürzung der Versicherungsleistungen um gut 11.000 EUR geführt.

Außerdem werden die Rechtsschutzversicherungen künftig genauer prüfen, ob sie von ihrem Recht zur außerordentlichen Kündigung des Versicherungsvertrages nach § 13 Abs. 2 ARB 1994 = § 19 Abs. 2 ARB 1975 = § 13 Abs. 2 ARB 2000 im Falle der Leistungspflicht für mindestens zwei innerhalb von 12 Monaten eingetretene Rechtsschutzfällen Gebrauch machen. Der in eigener Sache tätige rechtschutzversicherte oder – wie hier – mitversicherte Rechtsanwalt sollte deshalb vor Einleitung gerichtlicher Schritte die Zustimmung der Rechtsschutzversicherung einholen und die Versicherung nicht mehr als zweimal innerhalb von 12 Monaten in Anspruch nehmen.

Heinz Hansens

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