Eine weitere Tendenz zur Einbeziehung des Drittbetroffenen zeigt die Abschaffung des § 847 Abs. 1 S. 2 BGB im Jahr 1990, der in seiner ursprünglichen Version "Der Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf den Erben über, es sei denn, dass er anerkannt oder dass er rechtshängig geworden ist." lautete.

Die Väter des BGB gingen noch von dem Grundsatz aus, dass mit dem Tode der von dem Verletzten erduldete Schmerz sterbe und es anstößig sei, dem Erben die Geltendmachung eines Geldbetrages zuzusprechen, an deren Forderung der Verletzte vielleicht gar nicht dachte.[35] Insbesondere die letzte Alternative des § 847 Abs. 1 S. 2 BGB, nach der Vererblichkeit ab Rechtshängigkeit möglich war, führte zu einem makaberen Wettlauf mit dem Tod; dann nämlich, wenn der Verletzte im Koma lag, das Bewusstsein vor Todeseintritt nicht wiedererlangte und die Einreichung einer Klage möglich war.[36]

Die Abschaffung jener Bestimmung ist aber eine gegenläufige Entwicklung im Verhältnis zu der hier diskutierten Frage. Während hinsichtlich des Angehörigenschmerzensgeldes der BGH die Einbeziehung Dritter, mittelbar Geschädigter, ausdrücklich ablehnt, können seit der Abschaffung von § 847 Abs. 1 S. 2 BGB diese Dritten als Erben nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers einen Schmerzensgeldanspruch geltend machen und werden so gesetzgeberisch geschützt. Anders macht die Abschaffung der Bestimmung, die zugleich eine Ausweitung des Kreises der Berechtigten ist, keinen systematischen Sinn. Von dieser Gesetzesänderung aus ist es kein weiter Weg zur rechtspolitischen Anerkennung auch eines unmittelbaren Schadensersatzanspruchs der mittelbar Geschädigten.

[35] Motive § 728, S. 802.
[36] Vgl. dazu Voß, VersR 1990, 821; Deutsch/Ahrens,Tz. 478.

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