In diesem Absatz werden wesentliche Hinweise dazu gegeben, dass dem Verwaltungsrecht grundsätzlich eine besondere Bedeutung zu der Frage des Entzugs der Fahrerlaubnis zukommt. Allerdings muss in dem Zusammenhang auch auf § 3 Abs. 3 und 4 StVG hingewiesen werden:

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

Wenn somit ein Kraftfahrzeug bei der Tatbegehung keine Rolle gespielt hat, wie z.B. die Fahrt mit einem Fahrrad, kommt eine Anwendung von § 69 StGB nicht in Betracht. Trotzdem kann die Person ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sein.

In § 2 Abs. 4 StVG wird der Begriff der Eignung legal definiert. Danach ist geeignet, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat.

Detailliert wird der Begriff der Eignung in § 11 FeV behandelt. Für diesen Beitrag ist Abs. 3 und darin die Ziffern 6 und 7 von Bedeutung. Hier ist normiert, dass die Fahrerlaubnisbehörde von dem Führerscheinbewerber (oder über § 46 FeV von dem Führerscheinbesitzer) eine MPU verlangen kann, …

6. bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahrereignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeuges begangen wurde,

7. bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,

Ein konkreter Fall soll die besondere Bedeutung der Thematik verdeutlichen:

Der mutmaßliche Täter (53), wollte nach einem Einkauf mit seinem Pkw vom Parkplatz fahren. Die Durchfahrt war zumindest teilweise blockiert, weil ein zweiter Fahrzeugführer mit seinem Pkw einige Meter aus einer Parklücke gefahren war, dann aber stehen blieb und telefonierte. Es kam zu einem zunächst verbalen Streit. Die Auseinandersetzung zwischen den Männern, die sich nicht kannten, wurde handgreiflich. Der Fahrzeugführer, der die Ausfahrt blockierte, schlug dem anderen ins Gesicht, verletzte ihn am Auge. Dieser Mann ging zu seinem Fahrzeug, holte ein Messer und kam wieder auf die Person zu. Er versetzte ihr mehrere Stiche in den Oberkörper, stieg in sein Auto und fuhr vom Parkplatz. Ein Stich ins Herz wirkte tödlich. Der mutmaßliche Täter tauchte wenig später bei der Polizei auf, wollte gegen den anderen Fahrzeugführer Strafanzeige wegen Körperverletzung erstatten. Die Beamten waren über das Geschehen auf dem Parkplatz informiert, nahmen den Messerstecher fest. Gegenüber Kripobeamten soll er sich in einer ersten Vernehmung auf Notwehr berufen haben, wollte das Protokoll aber nicht unterschreiben. Wenige Tage vor Prozessbeginn wurde der mutmaßliche Täter tot in seiner Zelle gefunden. Es sollte geklärt werden, ob er sich selbst umbrachte.[8]

So dramatisch endet ein Streit im Straßenverkehr nicht immer, doch die Aggressionen nehmen zu. Siehe dazu auch eine entsprechende Umfrage des GDV (Unfallforscher: Aggressives Verhalten im Verkehr nimmt zu – ZDF heute, aufgerufen am 14.12.2023). Es beginnt mit Handzeichen am Kopf, wenn ein anderer Fahrzeugführer nicht so unterwegs ist, wie man es selbst gerne hätte. Kümmert sich der durch die Handzeichen "Beleidigte" nicht darum, dürfte die Sache oftmals beendet sein. Manchmal kümmert er sich aber darum. Dann kann die Situation eskalieren.

[8] Auszüge aus: Saarbrücker Zeitung, 4.2.2010, und Saarbrücker Zeitung 13.9.2010.

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