Das VG Münster,[11] stellt fest, dass bei der Entziehung einer Fahrerlaubnis in die Würdigung der charakterlichen Eignung eines Fahrers auch eine noch nicht rechtskräftige Verurteilung einbezogen werden kann, wenn der Betroffene im strafrechtlichen Verfahren einen Großteil des ihm zur Last gelegten Fehlverhaltens eingestanden hat und die Sachverhalte zudem durch umfangreiche Zeugenbefragungen bestätigt worden sind. Ergibt sich aus den Straftaten, dass der Betroffene insbesondere im Straßenverkehr sein Mobilitätsinteresse rücksichtslos durchgesetzt hat und durch Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung aufgefallen ist, so ist von dem Fehlen der charakterlichen Eignung auszugehen. Die Person war hier mehrfach mit Gewaltdelikten polizeilich in Erscheinung. Bei einem Gewahrsamstransport sagte sie: "Nehmt mir die Handschellen ab und ich schlag euch tot! Hätte ich ein Messer, würde ich es euch in eure fetten Bäuche stoßen und euch aufschlitzen. Ich kriege raus, wo ihr wohnt und töte euch dann alle!“ In einem weiteren Bericht wird festgehalten, dass bei einer Verkehrskontrolle unter anderem ein defektes Rücklicht festgestellt wurde. Dabei äußerte sich die Person "Das verstehst Du nicht, du Bullenschwein. Das ist Krieg gegen euch auf der Straße!" Zu einer weiteren Kontrolle wird folgende Äußerung festgehalten: "Fass' mein Auto nicht an, sonst knalle ich Dir die Birne weg!" So kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass der Gesamteindruck einer beim Kläger bestehenden Bereitschaft zum sofortigen und ungewöhnlich heftigen Einsatz körperlicher Gewalt auch und gerade im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr, die besondere Anforderungen an besonnenes und berechenbares Verhalten stellt, schwerwiegende Zuwiderhandlungen befürchten lässt, die unter anderem auch die körperliche Integrität anderer Verkehrsteilnehmer gefährden."

Das VG Gelsenkirchen[12] führt zu einer erheblichen Straftat im Sinne des § 11 FeV aus: Der Begriff der Erheblichkeit setzt nicht voraus, dass die Tat schwerwiegend ist und sich nach ihrer Art und der im konkreten Fall zu Tage getretenen Intensität von der Masse der Verstöße dadurch abhebt, dass mit ihr eine überdurchschnittliche Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs einhergeht. Zudem kann die Beibringung einer MPU angeordnet werden bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential bestehen. Anlass für die Anordnung einer MPU können auch solche Straftaten sein, die keinen spezifischen Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit aufweisen. Dies ist in dem Fall die rechtskräftige Verurteilung des Antragstellers wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung. Ausweislich des Urteils versetzte der Antragsteller einer Person, mit der er bei dem Versuch, sie mit dem Fahrrad zu überholen, kollidiert war, aus Wut eine Ohrfeige und beschimpfte sie. Diese im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangene Tat ist erheblich im Sinne der genannten Vorschrift.

Wieder das VG Gelsenkirchen[13] führt aus: Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist ohne Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch dann zulässig, wenn zwar zuvor keine verkehrsrechtlichen Auffälligkeiten des Betroffenen stattgefunden haben, sich seine Ungeeignetheit zum Führen von Kfz aber aus der Beiziehung von abgeschlossenen bzw. laufenden Strafverfahren, die ein hohes Aggressionspotenzial belegen, ergibt. Hier war die Person seit ihrem 15. Lebensjahr (2007) mehrfach und fortlaufend nach dem Jugendstrafrecht wegen (gefährlicher) Körperverletzung, Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung angeklagt und verurteilt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Strafverfahren und Jugendstrafen irgendeine Verhaltensänderung bewirkt haben könnten, sind für das Gericht nicht ersichtlich. Der Person wurde die Fahrerlaubnis ohne Anordnung einer MPU entzogen (§ 11 Abs. 7 FeV).

Auch das OVG Koblenz[14] musste sich mit § 11 FeV beschäftigen. Dazu sagen die Richter: Der Eignungsausschlusstatbestand des § 11 Abs. 3 FeV erfasst außer Verkehrsstraftaten allgemeine Straftaten dann, wenn sich aus ihnen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich der Führerscheinbewerber/-inhaber im Straßenverkehr nicht ordnungsgemäß verhalten wird. Sollen Nicht-Verkehrsstraftaten den Eignungsausschluss begründen, so ist deshalb im Einzelnen aufzuzeigen und festzustellen, worin das charakterliche Defizit besteht, aus dem Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs folgen könnten.

In einer Entscheidung des BayVGH[15] ging es um folgenden Sachverhalt: Eine Person hatte zahlreiche Straftaten begangen. In der Entscheidung formulieren die Richter: Beim Antragsteller sind wegen der von ihm begangenen zahlreichen Straftaten Zweifel an seiner Fahreignung gegeben. Nach § 2 Abs. 4 S. 1 StVG ist zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, … In Konkretisierung dieser gesetzlichen Vorschrift bestimmt § 11 Abs. 1 S. 3 FeV, dass die Bewerber um eine Fahrerlau...

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