Zitat

1. Der zulässige, … auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die mit Bescheid v. 1.8.2022 verfügte Untersagung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge gerichtete Antrag hat in der Sache Erfolg.

Zur Entscheidung über die vorläufige Vollziehbarkeit des angefochtenen Bescheides bis zur endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren bedarf es einer gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung der gegenseitigen Interessen der Beteiligten. Im Rahmen dieser vom Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung überwiegt hier das private Aussetzungsinteresse das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des Bescheides v. 1.8.2022 bereits deshalb, weil dieser sich bei der im vorliegenden Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig erweisen wird.

2. Rechtsgrundlage für eine Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen ist § 3 Abs. 1 S. 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet hierzu erweist. Die Eignung zum Führen von Fahrzeugen bestimmt sich grundsätzlich nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge gelten, nämlich nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 4 StVG, § 46 i.V.m. § 11 Abs. 1 FeV. Die §§ 11 bis 14 FeV finden gemäß § 3 Abs. 2 FeV entsprechende Anwendung, soweit sie ihrem Inhalt nach nicht das Führen eines fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugs voraussetzen (vgl. Hentschel/König/Dauer, 45. Aufl. 2019, § 3 FeV Rn 11 m.w.N.).

Ungeachtet der in der Rechtsprechung geäußerten Bedenken, ob § 3 Abs. 1 FeV mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 –, juris, Rn 35 ff.; BayVGH, Beschl. v. 8.6.2021 – 11 Cs 21.968 –, juris, Rn 15; OVG Saarland, Beschl. v. 3.5.2021 – 1 B 30/21 –, juris, Rn 32 ff.; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 23.9.2021 – 7 L 901/21 –, juris, Rn 24 ff.), liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wegen Alkoholmissbrauchs vor.

3. Liegen Tatsachen für Alkoholmissbrauch vor, hat die Fahrerlaubnisbehörde zur Überprüfung der Fahreignung nach § 13 S. 1 Nr. 2 lit. a Alt. 2 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Diese Vorschrift findet über § 3 Abs. 2 FeV auch bei der Überprüfung der Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge Anwendung (vgl. OVG RP, Beschl. v. 8.6.2011 – 10 B 10415/11.OVG [zfs 2011, 657 =] juris, Rn 6). Alkoholmissbrauch ist nach Ziffer 8.1 der Anlage 4 zur FeV anzunehmen, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann. Entsprechende Tatsachen, die diese Annahme rechtfertigen, liegen jedoch nicht bereits dann vor, wenn der Verkehrsteilnehmer als Kraftfahrer unter Einfluss von Alkohol am Straßenverkehr teilgenommen hat (vgl. OVG RP, Beschl. v. 8.6.2011 – 10 B 10415/11.OVG [zfs 2011, 657 =] juris, Rn 8). Erst recht gilt dies, wenn der Betroffene – wie hier der Fall – ohne Teilnahme am Straßenverkehr alkoholauffällig geworden ist. Vielmehr müssen die Gesamtumstände Zweifel begründen, ob der Betroffene zwischen dem Alkoholkonsum und dem Fahren eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs sicher trennen kann (vgl. OVG RP, Beschl. v. 8.6.2011 – 10 B 10415/11.OVG [zfs 2011, 657 =] juris, Rn 8). Es müssen begründete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Betroffene voraussichtlich schon in überschaubarer Zukunft nach dem Konsum von Alkohol ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug führen und so zu einer konkreten Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer wird (vgl. OVG RP, Beschl. v. 8.6.2011 – 10 B 10415/11.OVG [zfs 2011, 657 =] juris, Rn 8). Entsprechende Anhaltspunkte lagen hier bereits nicht vor.

Der Antragsteller ist nach Aktenlage weder beim Führen eines fahrerlaubnispflichtigen noch eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr auffällig geworden. Es ergaben sich auch aus dem Polizeieinsatz am 20.11.2021, bei dem der Antragsteller stark alkoholisiert und aggressiv angetroffen worden war, keinerlei Hinweise darauf, dass er in diesem Zustand in überschaubarer Zukunft ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug führen werde. Unter diesen Umständen kam die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Beantwortung der Frage, ob der Antragsteller zukünftig ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde, nicht in Betracht.

4. Gleichwohl hat der Antragsteller auf die entsprechende Anordnung der Antragsgegnerin vom 21.2.2022 ein solches Gutachten der TÜV A … vom 12.5.2022 vorgelegt. Nach den Feststellungen der Gutachter ist der Antragsteller ungeeignet zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge. Dieses Gutachten stellt eine eigene Beweistatsache dar, sodass rechtl...

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