[1] "Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger beschwert, weil er die Erstattung tatsächlich bei ihm angefallener Anwaltskosten begehrt."

[2] Die Beschwerde ist unbegründet. Eine weitere Verfahrensgebühr gehört nicht zu den gemäß § 164 VwGO festzusetzenden Kosten.

[3] Gegenstand der Kostenfestsetzung sind u.a. die bei dem Beteiligten insgesamt angefallenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen (vgl. § 162 Abs. 1 VwGO). Entgegen dem ersten Anschein wurde mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 17.5.2020 nicht eine den jetzigen Prozessbevollmächtigten Y doppelt geschuldete Verfahrensgebühr geltend gemacht, sondern eine den jetzigen Prozessbevollmächtigten geschuldete Verfahrensgebühr und eine weitere dem früheren Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt X (vermeintlich) geschuldete Verfahrensgebühr. Diese weitere Verfahrensgebühr haben die jetzigen Prozessbevollmächtigten in dem Kostenfestsetzungsantrag nicht aufgeführt, weil sie diese Gebühr für sich beanspruchten, sondern als Vertreter des Klägers, von dem der frühere Prozessbevollmächtigte ausweislich seiner Kostennote vom 15.1.2018 die Gebühr gefordert hat.

[4] Das Entstehen einer zusätzlichen Verfahrensgebühr war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

[5] Nach § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Liegt allerdings ein Fall vor, in dem der Beteiligte von verschiedenen Prozessbevollmächtigten vertreten worden ist, kann der “neue' Rechtsanwalt noch einmal dieselben Gebühren verdienen, die bereits ein anderer Rechtsanwalt in derselben Sache verdient hat; § 15 Abs. 2 RVG steht der Entstehung des Gebührenanspruchs hier also nicht entgegen. Allerdings hat die Gegenpartei diese Kosten nur nach Maßgabe des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu erstatten. Danach sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. Die hier allein in Betracht kommende letztgenannte Alternative setzt voraus, dass der Anwaltswechsel nicht auf einem Verschulden des Beteiligten oder einem ihm nach dem Grundgedanken des § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten beruht (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 20.3.2014 – 2 MC 310/13 –, juris Rn 3 ff., m.w.N.).

[6] Den Rechtsanwalt trifft bei einer Rückgabe der Zulassung kein Verschulden an dem dadurch notwendig gewordenen Anwaltswechsel, wenn er seine Zulassung aus achtenswerten Gründen aufgegeben hat und er bei Mandatsübernahme nicht vorhersehen konnte, dass er die Zulassung in absehbarer Zeit aufgeben und deshalb den Auftrag voraussichtlich nicht zu Ende führen könne (BGH, Beschl. v. 22.8.2012 – XII ZB 183/11 –, RVGreport 2013, 26 (Hansens) = AGS 2013, 93, juris Rn 13; v. 12.9.2012 – IV ZB 3/12 –,zfs 2012, 644 m. Anm. Hansens = RVGreport 2012, 422 (Hansens) = AGS 2012, 544 = NJW 2012, 3790 m. Anm. Deckenbrock, juris Rn 8 ff.). Wirtschaftliche Schwierigkeiten eines Rechtsanwalts stellen regelmäßig keinen achtenswerten Grund im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO für die Aufgabe der Zulassung dar. Der Rechtsanwalt hat vielmehr seine für die Aufrechterhaltung des Kanzleibetriebs erforderliche Leistungsfähigkeit sicherzustellen (BGH, Beschl. v. 22.8.2012 – XII ZB 183/11 –, RVGreport 2013, 26 (Hansens) = AGS 2013, 93, juris Rn 17).

[7] Der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Notwendigkeit des Anwaltswechsels verschuldet. Nach dem Vortrag des Klägers war die Mandatierung der neuen Prozessbevollmächtigten erforderlich, weil der frühere Prozessbevollmächtigte seine Zulassung wegen bevorstehenden Widerrufs wegen Vermögensverfalls zurückgab. Dass dem Kläger die Situation nicht bekannt war, hilft darüber nicht hinweg, weil ihm das Verschulden des früheren Prozessbevollmächtigten zugerechnet wird. Soweit der BGH offengelassen hat, ob in Fällen, in denen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten auch auf unvorhersehbaren persönlichen Gründen beruhen, eine abweichende Beurteilung geboten ist, werden derartige Gründe vom Kläger nicht vorgetragen und sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Beschl. v. 22.8.2012 – XII ZB 183/11 –, RVGreport 2013, 26 (Hansens) = AGS 2013, 93, juris Rn 17 und zur Beweislast Rn 14).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

[9] Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).“

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