"… II. Die gem. § 11 Abs. 2 S. 3 RVG, § 104 Abs. 3 ZPO, statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der AG hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat zu Recht entschieden, dass der AG für die Vertretung des Kl. im gerichtlichen Verfahren lediglich eine Vergütung i.H.v. 749,34 EUR brutto zusteht."

1. Gegen die Zulässigkeit des Antrags des Kl. nach § 11 RVG bestehen – entgegen der Auffassung der AG – keine Bedenken.

a) Nach § 11 Abs. 1 S. 1 RVG kann den Antrag sowohl der Auftragnehmer als auch der Auftraggeber stellen. Der Antragsberechtigung des Kl. steht nicht entgegen, dass seine Rechtsschutzversicherung die von der AG in Rechnung gestellten Gebühren in Höhe des Nettobetrages, einschließlich der streitigen Terminsgebühr, ausgeglichen hat. Zwar führt die Zahlung der RSV zum Übergang etwaiger Rückzahlungsansprüche des VN auf die Versicherung (§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG), sodass dieser ein eigenes Antragsrecht nach § 11 RVG zustehen kann (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., § 11 Rn 25). Jedoch kann die RSV den VN – wie hier – im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft zur Führung des Verfahrens nach § 11 RVG analog § 185 BGB ermächtigen (vgl. Enders in Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., § 11 Rn 41; allg. zur Prozessstandschaft Armbrüster in Prölss/Martin, 30. Aufl., VVG § 86 Rn 66 m.w.N.).

b) Dem Antrag fehlt auch weder das Rechtsschutzbedürfnis noch ist die Antragstellung rechtsmissbräuchlich.

Eine Zahlung der streitigen Gebühren lässt das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls dann nicht entfallen, sofern die Zahlung – wie hier – durch Leistung der RSV und durch Verrechnung vor Erhalt der Rechnung (§ 10 Abs. 3 RVG) erfolgt ist (vgl. allg. Müller-Rabe, a.a.O, § 11 RVG Rn 203; vgl. LAG Nürnberg JurBüro 1996, 263 für Vorschüsse). Da die AG vorgerichtlich nicht zur Rückzahlung der Terminsgebühr bereit war, besteht zudem ein berechtigtes Interesse der RSV und des Kl., im Verfahren nach § 11 RVG kostengünstig zu klären, ob der AG die Terminsgebühr zusteht. Das Interesse des Kl. an einer Klärung dieser Frage ergibt sich unabhängig davon, ob ihm im Umfang des Selbstbehalts und der Umsatzsteuer ein eigener Rückforderungsanspruch zusteht, aufgrund seiner versicherungsvertraglichen Verpflichtung, anspruchsverfolgende Maßnahmen gegen möglicherweise zur Zahlung verpflichtete Dritte zu ergreifen (§ 86 Abs. 2 VVG, Armbrüster, a.a.O., § 86 VVG Rn 74).

c) Der Antrag nach § 11 RVG wurde auch wirksam namens und in Vollmacht des Kl. gestellt (§ 11 Abs. 6 S. 3 RVG i.V.m. § 80 ZPO). (…)

d) Der Prüfung der von der AG gegen die Zulässigkeit des Antrags vorgebrachten Einwendungen steht – anders als die AG meint – auch nicht die Vorschrift des § 11 Abs. 5 RVG entgegen. § 11 Abs. 5 RVG schließt lediglich die Prüfung von nicht gebührenrechtlichen Einwendungen oder Einreden gegen den geltend gemachten Vergütungsanspruch aus. Bei der wirksamen Vollmachtserteilung, dem Rechtsschutzbedürfnis und der Rechtsmissbräuchlichkeit der Antragstellung handelt es sich aber um prozessuale Fragen, die im Rahmen der Zulässigkeit des Antrags zu prüfen sind.

2. Der Antrag ist auch begründet.

a) Der AG steht keine Terminsgebühr für eine außergerichtliche Besprechung i.H.v. 1.125,60 EUR zu.

aa) Indes ergibt sich dies nicht bereits bindend aus dem im Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103, 104 ZPO) ergangenen Beschl. des OLG v. 26.1.2017 (13 W 131/16). Der Beschluss ist zwischen den Parteien des Rechtsstreits ergangen und entfaltet somit keine Rechtskraft im Innenverhältnis zwischen dem Kl. und der AG, das Gegenstand des Vergütungsfestsetzungsverfahrens nach § 11 RVG ist. Zwar kann die Ablehnung einer Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren Anhaltspunkt dafür sein, dass ein Rechtsanwalt die Kosten seinem Mandanten auch im Innenverhältnis nicht in Rechnung stellen kann (Müller-Rabe, a.a.O., § 11 RVG Rn 8). Ob die Gebühr angefallen ist, ist aber im Verfahren der Vergütungsfestsetzung ohne Bindung an die im Kostenfestsetzungsverfahren ergangene Entscheidung selbstständig zu prüfen.

Entgegen der im Nichtabhilfebeschluss geäußerten Auffassung des LG stünde einer Festsetzung der beanspruchten Terminsgebühr im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG auch nicht entgegen, dass § 11 Abs. 1 S. 1 RVG nur eine Festsetzung von Gebühren erlaubt, die zum gerichtlichen Verfahren gehören. Hinsichtlich der Frage, ob Kosten solche des gerichtlichen Verfahrens sind, gelten für das Verfahren der Kostenfestsetzung (§§ 103, 104 ZPO) und der Vergütungsfestsetzung (§ 11 RVG) dieselben Regeln (Müller-Rabe, a.a.O., § 11 RVG Rn 46). Im Vergütungsfestsetzungsverfahren sind daher – wie im Kostenfestsetzungsverfahren – grundsätzlich alle Gebühren des Teils 3 des VV RVG festsetzungsfähig (Müller-Rabe, a.a.O., § 11 RVG Rn 63; LAG Nürnberg RVGreport 2011, 180 (Hansens) = AGS 2011, 221 für eine auf die Vermeidung eines Rechtsstreits gerichtete Terminsgebühr für eine außergerichtliche Besprechung; a.A. Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl., § 11 Rn 29).

bb) Die Festsetzung der Terminsgebühr scheitert ...

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