1. Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens muss aus Gründen der Verhältnismäßigkeit stets anlassbezogen sein. Deshalb darf dem Betroffenen nicht mehr an Untersuchungen abverlangt werden als erforderlich. Gegenüber einer ärztlichen Untersuchung stellt eine medizinisch-psychologische Begutachtung den größeren Eingriff dar, weil sie über rein medizinische Feststellungen hinausgeht und eine Offenlegung der engeren persönlichen Lebenssphäre erfordert, die dem strengen Schutz von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG unterliegt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.6.1993 – 1 BvR 689/92 zfs 1993, 285 = BVerfGE 89, 69 = juris Rn 55).

2. Daher ist zunächst nur eine ärztliche Untersuchung anzuordnen, wenn nicht ausnahmsweise von vornherein davon auszugehen ist, dass nur eine medizinisch-psychologische Untersuchung zur Klärung der Eignungszweifel geeignet und erforderlich ist. Dieses von den Fahrerlaubnisbehörden grundsätzlich zu beachtende Stufenverhältnis ergibt sich auch aus § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 FeV. Für ein gestuftes Vorgehen spricht auch die Vorbemerkung 2 der Anlage 4 zur FeV.

3. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beibringungsaufforderung – gerade auch mit Blick auf die nicht selbstständig rechtlich anfechtbare Anordnung – so zu begründen, dass dem Betroffenen eine fundierte Entscheidung darüber ermöglicht wird, ob er dieser Aufforderung nachkommt (BVerwG, Urt. v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 zfs 2017, 474 = BVerwGE 156, 293 Rn 37).

(Leitsätze der Schriftleitung)

BayVGH, Beschl. v. 25.8.2020 – 11 ZB 20.1137

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