Das OLG Brandenburg hat gegen seine Entscheidung die Rechtsbeschwerde zugelassen, die eingelegt und beim BGH unter dem Az XII ZB 536/19 anhängig ist. Der BGH hat somit die Gelegenheit, die in Rechtsprechung und Literatur seit vielen Jahren umstrittene Rechtsfrage zu klären.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg, die mich nicht überzeugt hat, bedarf einiger Anmerkungen.

Gehört die Einigungsgebühr zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens?

Gem. § 11 Abs. 1 RVG findet die Vergütungsfestsetzung nur dann statt, wenn und soweit die gesetzliche Vergütung zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehört. Diese zunächst zu klärende Frage hat das OLG Brandenburg nicht erörtert. Sie ist dahin zu beantworten, dass eine Einigungsgebühr, die durch die geltend gemachte außergerichtliche Tätigkeit der antragstellenden Anwälte angefallen sein soll, zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehört und damit grds. nach § 11 RVG festsetzbar ist. Denn die betreffende Gebühr muss nicht notwendig durch eine Tätigkeit des Rechtsanwalts gegenüber dem Gericht ausgelöst worden sein, um im Vergütungsfestsetzungsverfahren tituliert werden zu können (so Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 24. Aufl. 2019, § 11 Rn 49). Folglich kann auch eine für einen außergerichtlich geschlossenen Einigungsvertrag verdiente Einigungsgebühr, mit der ein gerichtliches Verfahren beendet worden ist, nach § 11 RVG festgesetzt werden (so schon OLG Hamburg JurBüro 1980, 554; OLG Hamm JurBüro 2005, 87 = AnwBl. 2005, 76).

Was sind außergebührenrechtliche Einwendungen?

Gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG ist die Festsetzung abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Dies betrifft insb. Einwendungen und Einreden, die nicht gebührenrechtlicher Art sind und die auf materiell-rechtliche Vorschriften oder auf besondere Abreden zwischen dem den Vergütungsfestsetzungsantrag stellenden Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber gestützt werden. Hierzu gehören etwa folgende Einwendungen:

Der Antragsgegner bestreitet den die verfahrensgegenständliche Vergütung auslösenden Auftrag. Dies stellt auch dann einen außergebührenrechtlichen Einwand dar, wenn der Rechtsanwalt eine entsprechende Prozessvollmacht vorlegt (KG JurBüro 1982, 1185 = AnwBl. 1982, 375; OLG Frankfurt JurBüro 1982, 227).
Der Antragsgegner rechnet gegenüber der verfahrensgegenständlichen Vergütungsforderung des Rechtsanwalts mit einer Gegenforderung auf. Diese Gegenforderung kann aus einem behaupteten Schadensersatzanspruch gegen den Anwalt wegen Schlechtvertretung gerade in dem betreffenden Verfahren resultieren, aber auch aus ganz anderen Umständen hergeleitet werden (OLG Frankfurt RVGreport 2017, 330 [Hansens]; OVG NRW RVGreport 2016, 210 [Ders.]).
Der Anwalt hat gegenüber dem Auftraggeber eine zugesagte Kostenobergrenze nicht eingehalten (OLG Koblenz RVGreport 2016, 56 [Ders.]).
Der Antragsgegner wendet ein, der Rechtsanwalt habe ihm die verfahrensgegenständliche Vergütung gestundet (OLG Naumburg RVGreport 2017, 50 [Ders.] = AGS 2017, 117; OLG Koblenz BRAGOreport 2002, 79 [Ders.] = AGS 2002, 187).
Der Antragsgegner macht die Erfüllung der zur Festsetzung angemeldeten Vergütungsforderung geltend (OLG Köln RVGreport 2012, 297 [Hansens] = AGS 2013, 19; siehe auch Hess. LAG RVGreport 2015, 373 [Ders.] und OLG Frankfurt/Main AnwBl. 1993, 568).
Auch der Einwand des Antragsgegners, mit dem Anwalt sei vereinbart worden, die Abrechnung erfolge zunächst mit der Rechtsschutzversicherung des Mandanten, der Antragsgegner werde deshalb nicht unmittelbar in Anspruch genommen (siehe OVG Lüneburg Nds. RPfl. 1995, 219), kann außergebührenrechtlich sein.
Schließlich stellt der Einwand der Kündigung des Anwaltsvertrags einen außergebührenrechtlichen Einwand dar, der jedenfalls teilweise zur Ablehnung der Vergütungsfestsetzung führen kann (siehe Thür. OLG RVGreport 2016, 293 [Hansens] = AGS 2016, 268).

Diese wenigen Beispiele belegen, dass es bei den außergebührenrechtlichen Einwendungen in aller Regel um solche Einwendungen geht, die ihre Grundlage im materiellen Recht oder in (behaupteten) Vereinbarungen zwischen dem Rechtsanwalt und dem Antragsgegner haben.

Ursächliche Mitwirkung als außergebührenrechtlicher Einwand?

Gebührenrechtlicher Einwand

Demgegenüber ist der Einwand des Antragsgegners, der Tatbestand der geltend gemachten Gebühr sei nicht erfüllt, ein gebührenrechtlicher Einwand, über den im Vergütungsfestsetzungsverfahren eine Entscheidung in der Sache zu treffen ist. Hierzu gehört insb. auch der Einwand, der Tatbestand der Einigungsgebühr sei nicht erfüllt, da es an der hierfür erforderlichen Mitwirkung des Rechtsanwalts fehle. Diese anwaltliche Mitwirkung ist nämlich eine der in Nr. 1000 VV RVG aufgeführten gesetzlichen Tatbestandsmerkmale. Die anwaltliche Mitwirkung und deren Kausalität für das Zustandekommen des Einigungsvertrags sind folglich gesetzliche Voraussetzung dafür, dass dem Anwalt eine Einigungsgebühr überhaupt angefallen ist. Folglich wi...

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