I. Über diese Vorgaben des BGH besteht eigentlich zwischen Schädiger und Geschädigtenseite kein Streit.

Der Geschädigte legt ein Gutachten oder einen Kostenvoranschlag samt Fotos vor und verlangt den Ersatz der Nettoreparaturkosten. Der Schädiger bzw. dessen Versicherung zahlt entweder diesen Betrag oder verweist den Geschädigten auf zumutbare gleichwertige Werkstätten und zahlt dann diesen Betrag. Streit besteht dann lediglich, ob dieser Verweis berechtigt war oder nicht.[11] Ggf. besteht auch Streit darüber, ob denn bestimmte Kostenpositionen/Arbeitsschritte überhaupt objektiv zwingend anfallen oder nicht (Stichwort Beilackierung, UPE und Verbringung). Dies ist dann ggf. nach Unterstützung durch einen technischen Sachverständigen auf der Beweisebene der §§ 286, 287 ZPO zu lösen. All dies ist jedoch weder für Schädiger noch Geschädigtenseite ein Problem. Auch die Gerichte wissen hiermit umzugehen (z.B. OLG Hamm Beilackierung[12] ; a.A. wohl BGH, Urt. v. 17.9.2019 – VI ZR 396/18 –, Rn. 14, juris; BGH UPE/Verbringung[13] ).

Echter Streit zwischen den Protagonisten bei der fiktiven Abrechnung entsteht jedoch dann, wenn der Einwand der Bereicherung “greifbar' wird.

Diesen ersten Anhaltspunkt für eine greifbare Bereicherung erhält man, wenn der Geschädigte zusätzlich Mietwagenkosten oder Nutzungsausfall begehrt. Damit er hierauf einen Anspruch hat, muss er in beiden Fällen eine (Teil-)Reparatur nachweisen.[14]

Trägt er diese vor, wird eine Bereicherung greifbar. Zumindest liegt damit immer das “Geschmäckle' einer Bereicherung in der Luft. Dasselbe gilt dann, wenn – wie auch in einem weiteren Fall des LG Darmstadt – der Kl. auf Nachfrage des Gerichts nochmals erklärt, dass der Pkw des Kl. zwar repariert worden sei, er aber weder willens noch in der Lage sei, die Klage auf eine konkrete Schadensberechnung umzustellen.[15]

Dieser Streit führt sodann zu den bereits zitierten Entscheidungen des LG Darmstadt oder auch zuletzt des LG Wuppertal n.v.[16] Hier hat die Kammer des LG Wuppertal, eine Baukammer, ohne dass dies durch Beklagtenseite eingewendet wurde, die Ausführungen des VII. Senats des BGH aufgenommen und die Klage abgewiesen. Auch hier hat der Kl. vorgetragen, er habe das Fahrzeug gem. Gutachten repariert, aber unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH gleichwohl ausgeführt, zur Vorlage der Reparaturrechnung nicht verpflichtet zu sein, und diese folglich auch nicht vorgelegt.

So erscheint es plausibel und wünschenswert, zumindest eine Anpassung der Rechtsprechung zu § 249 BGB zu bewirken.

Hierbei stellt sich dann auch die Frage, ob es nicht einfach genügt, die bereits bestehende Rechtsprechung im Rahmen der ZPO konkret anzuwenden.

II. Im Rahmen der Vorgaben des BGH hat die Darlegung der Parteien im Prozess zu § 249 BGB im Rahmen des § 138 ZPO zu erfolgen.

Wird also der Geschädigte seiner Darlegung gerecht, wenn er einerseits auf Basis eines Gutachtens fiktiv abrechnet, aber gleichzeitig behauptet, dass er ganz oder teilweise repariert hat? Muss es sich zudem auswirken, wenn der Schädiger auf Basis eines Prüfgutachtens bereits teilweise reguliert hat?

Dogmatisch betrachtet sprechen die besseren Gründe dafür, dass sich der jeweilige Vortrag auswirken muss.

Denn der BGH betont die Totalreparation auf der einen Seite und das Wirtschaftlichkeitsgebot samt Bereicherungsverbot auf der anderen Seite. Hieraus ergibt sich eine Wechselwirkung im Vortrag zu § 249 BGB, der sich auch nach § 138 ZPO im Prozess auswirken muss.

Ob und wie sich der Kl. im Einzelnen bereichert, entzieht sich regelmäßig der Kenntnis des Schädigers. Wenn dann aber der Schädiger dem Geschädigten begründet einen Betrag zur Verfügung stellt und erläutert, dass die klägerische Schätzung seines fiktiven Reparaturschadens nicht korrekt ist, dann kann der Geschädigte ohne weitere Darlegung nicht diesen Betrag verlangen.

Dies hat der BGH bereits in seiner Entscheidung zum Prognoserisiko festgehalten, wörtlich:

Zitat

"Deshalb ist, wenn die Bemessung der zu ersetzenden Reparaturkosten allein auf die Basis eines Schätzungsgutachtens gestellt wird, der Umstand mit zu berücksichtigen, daß der von dem Gutachter prognostizierte Aufwand nach Arbeitszeit, Material und Leistungsumfang in Wirklichkeit höher oder geringer sein kann, etwa weil sich erst während der Reparatur zunächst verborgene Schäden offenbaren, ein Mängelverdacht sich als unbegründet herausstellt oder Einzelschäden sich im Zusammenhang weniger aufwendig beseitigen lassen. In manchen Fällen mögen sich allerdings solche Prognosefehler gegeneinander aufheben, so daß das Schätzungsgutachten in der Summe auch unter diesem Gesichtspunkt zu einem angemessenen Ergebnis kommen kann. Insbesondere bei umfangreicheren Reparaturen wird sich der Tatrichter in Ausübung des ihm insoweit durch § 287 ZPO eingeräumten Ermessens jedoch der begrenzten Aussagekraft eines solchen Gutachtens bewußt sein müssen. Unter Umständen kann es vertretbar sein, dem durch pauschale Abschläge in den kritisch erscheinenden Posten Rechnung zu tra...

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