"… 1. Das LG hat den Bekl. auf der Grundlage von § 11 S. 2 i.V.m. § 15 Buchst. a) MB/KT 94 und den vertraglichen TB Nr. 30 und 31 (Bl. 31 GA) für verpflichtet gehalten, die im streitgegenständlichen Zeitraum empfangenen Krankentagegeldleistungen in unstreitiger Höhe von 14.163,01 EUR an die Kl. zurückzugewähren. Das ist richtig:"

a) § 11 S. 2 MB/KT 94 regelt die Rückabwicklung erhaltener Versicherungsleistungen für den Fall, dass nach einer Vertragsbeendigung noch beiderseits Leistungen erbracht wurden (vgl. BGH VersR 1992, 477). Die Klausel begründet eine wechselseitige Verpflichtung der Vertragsparteien zur Rückgewähr empfangener Leistungen für den Fall des Wegfalls einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit oder des Eintritts der Berufsunfähigkeit. § 15 Buchst. a) MB/KT 94 bestimmt hierzu, dass das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit zum Ende des Monats endet, in dem die Voraussetzung weggefallen ist. Aus Nr. 30 Abs. 2 der zugrunde liegenden TB folgt weiter, dass das Versicherungsverhältnis grds. “mit dem Bezug von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente' endet. Die Bedingungen enthalten damit eine ausdrückliche Regelung, wonach der Rentenbezug als Beendigungsgrund des Versicherungsverhältnisses vereinbart wurde (vgl. BGH VersR 1997, 481). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird in den Bedingungen nur für den Fall des “Bezuges einer Rente aufgrund lediglich vermuteter Berufsunfähigkeit (z.B. § 2 Abs. 3 BUZ)' gemacht: dann endet das Versicherungsverhältnis nicht. Soweit außerdem unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Fortzahlung des Krankentagegeldes in Höhe der Differenz zwischen der Rentenzahlung und dem vertraglich vereinbarten Tagegeld für den Zeitraum von längstens drei Monaten nach Beginn der Rentenzahlung erfolgen kann, kommt dies hier schon deshalb nicht in Betracht, weil die vom Berufsunfähigkeitsversicherer gewährte Rentenzahlung der Höhe nach das vertraglich vereinbarte Tagegeld übersteigt.

b) Gegen die Wirksamkeit dieser vertraglichen Regelung bestehen vorliegend keine Bedenken. (wird ausgeführt)

c) Die vertraglichen Voraussetzungen der Rückzahlungspflicht hat das LG im vorliegenden Fall zu Recht bejaht. Die Kl. hat nachträglich Kenntnis davon erlangt, dass der Bekl. aufgrund der mit Schreiben vom 10.6.2013 erfolgten Zusage der N. Lebensversicherung AG in der Zeit vom 1.3.2013 bis zum 1.1.2014 Berufsunfähigkeitsleistungen, darunter eine monatliche Rente i.H.v. 2.645,25 EUR, bezogen hat, was nach den Bedingungen zur Beendigung des Versicherungsverhältnisses führte. Dies berechtigte die Kl. zur Rückforderung des erbrachten Krankentagegeldes im geltend gemachten Umfang:

aa) Nach Nr. 30 Abs. 2 der zugrunde liegenden Tarifbedingungen (TB) kommt es für die Beendigung des Versicherungsverhältnisses und damit für das Ende der Leistungspflicht der Bekl. allein auf den “Bezug von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente' an; bereits dadurch endet der Vertrag in Ansehung der betroffenen versicherten Person, der die Möglichkeit des Abschlusses einer Anwartschaft offen steht. Das tatsächliche Vorliegen von bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit, die nach Maßgabe des § 15 Buchst. b) MB/KT 94 einen eigenständigen Grund für die Beendigung des Vertrages darstellt, ist nicht erforderlich. Vom Standpunkt eines durchschnittlichen VN ist die Regelung vielmehr dahin auszulegen, dass zumindest auch der Rentenbezug wegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit im Sinne der Bedingungen des Berufsunfähigkeitsversicherers der Fortsetzung des Vertrages entgegensteht (vgl. OLG Hamm VersR 2016, 1181). Denn unter Anwendung des Grundsatzes, dass AVB so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (…), wird dieser die hier verwendete Formulierung – “mit dem Bezug' – nur dahin verstehen können, dass es insoweit – unbeschadet der Sachlage – allein auf den tatsächlichen Erhalt einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ankommt (OLG Hamm VersR 2016, 1181; OLG Karlsruhe VersR 2007, 51). Dem liegt die – für den durchschnittlichen VN erkennbare und auch billigenswerte – Erwägung zugrunde, dass ein Nebeneinander von Krankentagegeld- und Berufsunfähigkeitsleistungen von der Kl. nicht gewollt ist (OLG Hamm VersR 2016, 1181; OLG Karlsruhe VersR 2007, 51). Die Berufung stellt das auch nicht in Frage.

bb) Auf welcher Grundlage der Bezug der Rentenleistungen durch den VN erfolgt, spielt danach grds. ebenfalls keine Rolle. Die Wendung “Bezug von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente' erfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch jede Art der Leistung, die ein privater Berufsunfähigkeitsversicherer wegen Berufsunfähigkeit erbringt: Nur auf diese Weise kann der von der Rspr. gebilligte Grundsatz der Spezialität zwischen Krankentagegeld- und Be...

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