[8]“ … II. Die Revision des Kl. ist unbegründet. Die Annahme des BG, das VG habe zu Unrecht die Berechtigung des Kl. festgestellt, mit seinem tschechischen Führerschein Kfz der Klassen A, B und C in Deutschland zu führen, steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Das gilt sowohl für die Fahrerlaubnis der Klasse C, die der Kl. in der Tschechischen Republik am 1.6.2006 zusätzlich erhalten hat (nachfolgend 1.), als auch für die Fahrerlaubnisse der Klassen A und B, die der tschechische Führerschein auf der Grundlage der dem Kl. für diese Fahrzeugklassen 2000 und 2001 in Deutschland erteilten Fahrerlaubnisse zusätzlich ausweist (nachfolgend 2). Gegenstand des Rechtsstreits ist nach dem Klageantrag nicht, ob die damals erteilten deutschen Fahrerlaubnisse auch nach dem Umtausch ihre Gültigkeit behalten haben (3.)

[9] 1. Die dem Kl. neu erteilte tschechische Fahrerlaubnis der Klasse C verleiht ihm nicht das Recht, entsprechende Kfz in Deutschland zu führen.

[10] a) Das ergibt sich aus § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV, der eine Ausnahme von der grundsätzlichen Anerkennung ausländischer EU- oder EWR-Fahrerlaubnisse in Deutschland vorsieht. Nach § 28 Abs. 1 S. 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz i.S.d. § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben, vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 im Umfang ihrer Berechtigung Kfz im Inland führen. Nach § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV in der hier anzuwendenden Neufassung durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung v. 7.1.2009 (BGBl I S. 29) gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich ihres Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie – was beim Kl. nicht der Fall ist – als Studierende oder Schüler i.S.d. § 7 Abs. 3 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

[11] Die in § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV genannte Voraussetzung für die Ungültigkeit einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland ist im Fall des Kl. erfüllt; sein tschechischer Führerschein weist einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland aus. Die Ungültigkeit einer solchen Fahrerlaubnis folgt unmittelbar aus der genannten Regelung; sie hängt nicht zusätzlich noch von einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde ab (vgl. Urt. v. 25.8.2011 – BVerwG 3 C 25.10 – [zfs 2011, 710 =] BVerwGE 140, 256 <260 ff.> Rn 16 ff. m.w.N.)

[12] b) Diese im deutschen Fahrerlaubnisrecht geregelte Nichtanerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis steht im Einklang mit dem unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz; das gilt unabhängig davon, ob die 2. oder die 3. EU-Führerscheinrichtlinie zur Anwendung kommt. In der Rspr. des EuGH ist für beide Richtlinien geklärt, dass dem Aufnahmemitgliedstaat eine Nichtanerkennung u.a. dann nicht verwehrt ist, wenn sich der Verstoß gegen das unionsrechtliche Wohnsitzerfordernis bereits aus dem ausländischen Führerschein selbst ergibt (EuGH, Urt. v. 1.3.2012 – Rs. C-467/10, Akyüz, NJW 2012, 1341 [= zfs 2012, 359 Leits.] und v. 26.4.2012 – Rs. C 419/10, Hofmann, [zfs 2012, 351 =] NJW 2012, 1935 – Rn 47 und Rn 65, jeweils m.w.N.). Darüber hinaus hat der EuGH mit Urt. v. 19.5.2011 (Rs. C-184/10, Grasser, [zfs 2011, 413=] NJW 2011, 3635) entschieden, der Umstand, dass der Aufnahmemitgliedstaat auf den Inhaber des Führerscheins zuvor keine Maßnahme nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG angewandt habe, sei insoweit unbeachtlich (a.a.O. Rn 32). Auch das gilt gleichermaßen für den Anwendungsbereich der 3. EU-Führerscheinrichtlinie (vgl. EuGH, Urt. v. 1.3.2012 – Rs. C-467/10, Akyüz, a.a.O. Rn 64 ff.). Der anders lautenden Auffassung, die das VG im erstinstanzlichen Verfahren vertreten hatte, wurde damit die Grundlage entzogen.

[13] 2. Der gleichzeitig mit der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse C vorgenommene Umtausch der schon bestehenden deutschen Fahrerlaubnisse der Klassen A und B und die Ausstellung eines auch diese beiden Fahrzeugklassen umfassenden tschechischen Führerscheins führen nicht dazu, dass der Kl. auf dieser Grundlage Kfz der Klassen A und B in Deutschland führen darf. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich insoweit um eine tschechische oder nach wie vor um eine deutsche Fahrerlaubnis handelt, die durch den tschechischen Führerschein dokumentiert wird.

[14] a) Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV in unmittelbarer Anwendung, wenn – wofür überwiegende Gründe sprechen – mit dem Umtausch die Neuerteilung einer tschechischen Fahrerlaubnis der Klassen A und B verbunden war.

[15] § 28 FeV betrifft nach seiner systematischen Stellung in Abschnitt II Nr. 5 der Fahrerlaubnis-Verordnung (Sonderbestimmungen für Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse) und dem daher auch ohne den au...

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