Neben der durch das BVerwG hier ausgesprochenen Bestätigung des Berufungsurteils des HessVGH (Urt. v. 15.5.2009 – VGH 2 A 2307/07) hat das BVerwG mit einem weiteren Urt. v. 23.9.2010 – BVerwG 3 C 37.09 – auch den BayVGH (zfs 2010, 56) bestätigt, auch soweit dort angenommen wurde, dass die Rechtsmittelfrist gegen ein durch Verkehrszeichen bekannt gegebenes Verkehrsgebot oder -verbot nicht bereits mit dem Aufstellen des Verkehrszeichens zu laufen beginnt, sondern erst dann, wenn der hiergegen Rechtsschutz begehrende Verkehrsteilnehmer zum ersten Mal auf dieses Verkehrszeichen trifft. Die zur vorstehenden Entscheidung abgedruckten Leitsätze des BVerwG sind auch die amtlichen Leitsätze zu BVerwG, Urt. v. 23.9.2010 – 3 C 37.09.

Mit diesen beiden Entscheidungen liegt das BVerwG auf der Linie einer Entscheidung des BVerfG (zfs 2010, 52). Danach hat sich der Beginn der Anfechtungsfrist bei Verkehrszeichen am effektiven Rechtsschutz zu orientieren. Der Beschl. des VGH Baden-Württemberg v. 2.3.2009 – 5 S 3047/08 (JZ 2009, 738 = VBlBW 2009, 468), der auch in der vorstehenden Entscheidung des BVerwG benannt ist, verletzte jedenfalls nach BVerfG (zfs 2010, 52) den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG: Der VGH BW hätte zur Klärung der Frage, ob die Widerspruchsfrist abgelaufen war, die Berufung zulassen müssen.

Mit den beiden Urt. v. 23.9.2010 hat das BVerwG im Übrigen die Revisionen in beiden Verfahren zurückgewiesen. Die dort angegriffenen Lkw-Überholverbote entsprachen damit den Anforderungen von § 45 Abs. 9 S. 2 StVO, wonach Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden dürfen, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung insb. von Leib, Leben und Eigentum erheblich übersteigt.

Bei den vom Kl. angegriffenen Lkw-Überholverboten auf der A 8 (Ost) hatte der BayVGH (zfs 2010, 56) nach BVerwG – 3 C 37.09 – das Vorliegen dieser rechtlichen Voraussetzungen auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zu Recht bejaht. An diese Feststellungen war das BVerwG als Revisionsgericht gebunden. Danach ergibt sich im Fall des BayVGH (a.a.O.) eine qualifizierte Gefahrenlage i.s.v. § 45 Abs. 9 S. 2 StVO aus den auf diesen Streckenabschnitten bestehenden erheblichen Höhenunterschieden mit entsprechenden Steigungs- und Gefällstrecken, dem Nichterreichen der erforderlichen Haltesichtweiten, der dichten Abfolge von Anschlussstellen und einem nur zweispurigen Ausbau der Richtungsfahrbahnen, die zudem über keinen Standstreifen verfügen. Hinzu kommen ein überdurchschnittliches Verkehrsaufkommen und überdurchschnittliche Unfallraten. Ebenfalls nicht zu beanstanden war, dass das Berufungsgericht die Lkw-Überholverbote als geeignet und erforderlich, insofern verhältnismäßig, zur Verringerung der erheblichen Gefahren für die Verkehrssicherheit angenommen hatte, wobei es sich dabei auf ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstattetes Sachverständigengutachten stützen konnte.

Klaus-Ludwig Haus

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