“… Der Kostenschuldner hat nach § 91 I Satz 1, II Satz 1 ZPO die dem Gläubiger erwachsenen Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

Es sind dem Gläubiger allerdings nur die Kosten zu erstatten, die dessen Rechtsanwalt für die Durchführung des Prozessverfahrens berechnen kann. Nach zutreffender Auffassung erstreckt sich das Festsetzungsverfahren jedenfalls nicht auf die für anwaltliche Mahnungen angefallene Geschäftsgebühr. Denn insoweit fehlt es an einem prozessualen Erstattungsanspruch i.S.d. § 91 ZPO, da die anwaltliche Mahntätigkeit weder durch die gerichtliche Rechtsverfolgung verursacht wird noch der Vorbereitung eines Rechtsstreits dient (BGH, Beschl. v. 27.4.2006, NJW 2006, 2560; Zöller-Herget, 26. Aufl., § 104 ZPO, Rn 21, “Außergerichtliche Anwaltskosten’, m.w.N.). Ein etwaiger materiellrechtlicher Erstattungsanspruch ist im Klageverfahren geltend zu machen.

Die für die Durchführung des Prozesses entstehende anwaltliche Verfahrensgebühr (Ziffer 3100 VV RVG) ist nach Teil 3, Vorbem. 3, Ziffer 4 VV RVG um die Hälfte einer Geschäftsgebühr nach Ziffern 2300 bis 2303, maximal um einem Gebührensatz von 0,75, zu reduzieren, soweit die Geschäftsgebühr wegen desselben Gegenstands entstanden ist.

Die anteilige Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und wurde durch den BGH in den Beschl. v. 7.3.2007 und 14.3.2007 zutreffend klargestellt.

Nach dem oben Gesagten beschränkt sich der prozessuale Erstattungsanspruch des Kostengläubigers auf die für das Gerichtsverfahren entstandenen Kosten. Kann dessen Rechtsanwalt für die Vertretung im Prozess nur eine reduzierte Verfahrensgebühr an seinen Mandanten in Rechnung stellen, ist es nicht möglich, die volle Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen: Unabhängig davon, ob die Verfahrensgebühr sogleich in verringerter Höhe oder aber in zunächst voller Höhe entsteht und sodann zu reduzieren ist, wird der Kostengläubiger mit ihr tatsächlich nur in der reduzierten Höhe belastet. Der anzurechnende Teil der Geschäftsgebühr ist jedenfalls in den Fällen, in denen die vorgerichtliche Tätigkeit des Anwalts nicht der Vorbereitung des Prozesses diente, nicht festsetzungsfähig.

Der Auffassung, die Anrechungsregel betreffe lediglich das Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant und sei im Festsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (KG AGS 2007, 440; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.9.2007, Az.: 13 W 83/07, juris; OLG München, Beschl. v. 30.8.2007, Az. 11 W 1779/07, juris; OLG Koblenz, Beschl. v. 15.3.2007, Rpfleger 2007, 433; Schneider, NJW 2007, 2001), kann nicht gefolgt werden. Denn sie lässt sich mit dem oben genannten Grundsatz des § 91 ZPO, dass durch die unterlegene Partei nur tatsächlich entstandene prozessbedingte Kosten zu erstatten sind, nicht in Einklang bringen (BGH, Entscheidung vom 14.3.2007, a.a.O.: “Diese Anrechnung ist … erst im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu berücksichtigen’; s.a. VGH München, AGS 2007, 155 und Ostermeier, NJW-aktuell 34/2007, S. XVI: “ … Demnach kann die Höhe der Kosten des Rechtsstreits im Erstattungsverhältnis aber nicht über diejenigen des Vergütungsverhältnisses hinausgehen. Der Unterlegene darf nicht mehr an Kosten des Rechtsstreits erstatten müssen, als dem Obsiegenden … angefallen sind … ’).

Die Frage, ob dem Kostengläubiger ein materiellrechtlicher Erstattungsanspruch zusteht, ist im Zusammenhang mit der Anrechnung ebenso wenig von Belang wie dessen Titulierung, vorgerichtliche Erfüllung oder ein etwaiger Verzicht des Rechtsanwalts auf die Geltendmachung der Geschäftsgebühr. Denn diese Aspekte finden in Teil 3., Vorbemerkung 3, Ziffer 4 VV RVG gerade keine Berücksichtigung. Vielmehr stellt die gesetzliche Regelung ausschließlich darauf ab, ob eine Geschäftsgebühr “entstanden’ ist. Auch die Entscheidungen des BGH vom 7.3.2007 und 14.3.2007 zwingen nicht zu der Annahme, derartige Umstände könnten die Festsetzung der Verfahrensgebühr beeinflussen. Dass es gegebenenfalls erforderlich ist, Ersatz für die angefallene Geschäftsgebühr in einem neuerlichen Prozessverfahren durchzusetzen, stellt sich als prozessökonomisch ausgerichteter Einwand dar, der eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung nicht rechtfertigen kann (siehe BGH, Beschl. v. 7.3.2007, a.a.O., juris, Rn 12; OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 18.10.2007, Az.: 6 W 167/07) – zumal die Geschäftsgebühr in zukünftigen Fällen bereits im Ausgangsprozess vollständig geltend gemacht werden kann (siehe Enders, JurBüro 2007, 340).

Soweit das Fehlen eines materiellrechtlichen Anspruchs auf Erstattung der Geschäftsgebühr dazu führen kann, dass die unterlegene Partei ausschließlich Ersatz der anteiligen Verfahrensgebühr erhält, mag dieses Ergebnis jedenfalls in den Einzelfällen, in denen ein materieller Anspruch des Kostengläubigers nicht hätte geschaffen werden können, für unbillig zu halten sein. Dies ist...

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