Zusammengefasst lässt sich unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen anhand der beiden Beispiele Folgendes vertreten:

1. Beispiel 1

Hier mag zunächst im Zuge der Auslegung nach § 2084 BGB gut vertreten werden, dass § 2 des Vergleichs keine "Verpflichtung zur späteren Vererbung" nach § 2302 BGB enthält, sondern dass die Klausel so zu lesen ist, dass bereits mit ihr vererbt wird (wobei dann noch zu diskutieren ist, ob eine Erbeinsetzung oder die Aussetzung eines Vermächtnisses vorliegt). Damit wäre § 2302 BGB gar nicht eröffnet. Dann stellt sich die Frage, ob die §§ 2276, 127 a, 2274 BGB erfüllt sind.

Wollte man Gegenteiliges vertreten, so wäre jedenfalls eine Umdeutung in einen wirksamen Erbvertrag möglich (wobei sich wieder die Frage stellt, ob eine Erbeinsetzung oder eine Gestellung eines Vermächtnisses gewollt war).

Es ist nach den §§ 2276, 127 a BGB im familiengerichtlichen Verfahren ein Vergleich gemäß den §§ 159 ff ZPO protokolliert worden, in einem Verfahren mit Anwaltszwang und in Anwesenheit beider Vergleichsparteien und beider Rechtsanwälte.

Auch, wenn sich keine expliziten Feststellungen im Protokoll über eine persönliche Erklärung der Vergleichsparteien selbst finden, wird man mit der hM davon ausgehen müssen, dass auf andere Weise nachgewiesen werden kann, dass eine Umdeutung gewollt gewesen wäre und dass die Erklärungen auch höchstpersönlich im Rahmen des § 2274 BGB erfolgten.

Im konkreten Fall kommt hier noch § 3 des Vergleichs dazu, der letztlich eine salvatorische Klausel enthält: Diese führt dazu, dass streng genommen ein Umdeutungswillen und ein persönlicher Abschlusses der Parteien entsprechend den §§ 140, 2274 BGB vorhanden war.

In diesem Rahmen wäre weiter zu klären, ob nicht gegebenenfalls eine Erbeinsetzung der Kinder nach § 2 des Vergleichs gegeben ist, und ob deswegen dann etwaige zeitlich späteren Testamente mit anderem Inhalt im Hinblick auf § 2289 BGB per se unwirksam wären. Jedenfalls wäre bezogen auf die Bindungswirkung des § 2289 BGB in dem Fall, in dem man eine Aussetzung eines Vermächtnisses des Grundstücks an die Kinder annehmen wollte, die Alleinerben, eine spätere Ehefrau des Erblassers, mit diesem Vermächtnis belastet.

2. Beispiel 2

Im Rahmen der Auslegung wird man § 3 Abs. 2 des dortigen Vergleichs dahingehend auslegen müssen, dass später noch vermacht werden soll, also letztlich § 2302 BGB eröffnet ist, und damit die Verpflichtung, später der Tochter den Schmuck zu vermachen, gegen § 2302 BGB verstößt.

Auch hier ist eine Umdeutung nach §§ 140, 2276, 127 a BGB in eine erbvertragliche Vermächtnis-Aussetzung betreffend den Schmuck möglich. Wieder stellt sich die Problematik, ob und in welcher Form entsprechende persönliche Erklärungen der Ehegatten abgegeben worden sind. Dies wäre faktisch durch Zeugeneinvernahme der rechtsanwaltlichen Vertreter des noch lebenden Ehemannes nachzuweisen, da sich im Protokoll nichts anderes findet.

Betreffend die Alternative 1 wird man im Zuge der Auslegung annehmen müssen, dass unmittelbar ein erbvertragliches Vermächtnis gegeben ist und § 2302 BGB schon nicht eröffnet ist. Die Voraussetzungen der §§ 2274, 2276, 127 a BGB sind wie nachzuweisen.

Auch die Alternative 2 und Alternative 3 werden entsprechend zu lösen sein: Hier wird im Rahmen der Auslegung bereits unmittelbar ein Vermächtnis an die Tochter zu entnehmen sein. Im Übrigen stellen sich die gleichen Fragen zu §§ 2274, den 2276, 127 a BGB.

Die Bindungswirkung nach §§ 2289 ff BGB wird aber dazu führen, dass das Vermächtnis, das immerhin erbvertraglich durch gerichtlichen Vergleich angeordnet ist, bestehen bleibt gegenüber der Alleinerbin.

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