Leitsatz

Ein Anspruch des Erblassers auf eine Entschädigung in Geld aufgrund einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gemäß § 823 BGB ist höchstpersönlicher Natur und nicht vererblich. Der Anspruch geht daher nicht im Wege der Universalsukzession des § 1922 BGB auf den Erben über.

BGH, Urteil vom 29. April 2014 – VI ZR 246/12

Sachverhalt

Die Beklagte ist Gesamtrechtsnachfolgerin der H. B. Zeitschriften Verlag KG (im Folgenden ebenfalls: Beklagte), die im Zeitraum von März 2009 bis August 2010 mehrfach in von ihr herausgegebenen Zeitschriften über den bekannten Entertainer P. A. (im Folgenden: Erblasser) berichtete. Gegenstand der Berichte waren unter anderem die Trauer des Erblassers um seine verstorbene Tochter sowie der Gesundheitszustand des Erblassers. Im Hinblick auf die von ihm in diesem Zusammenhang angenommene Verletzung seines Persönlichkeitsrechts nahm der Erblasser die Beklagte auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe eines Mindestbetrags von 30.000 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Seine Klage ist beim Landgericht am 11. Februar 2011 eingegangen. Am 12. Februar 2011 verstarb der Erblasser. Im März 2011 ist die Klage zugestellt worden. Der Kläger führt den Prozess als Erbe fort. In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Aus den Gründen

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die streitgegenständlichen Veröffentlichungen überhaupt einen Geldentschädigungsanspruch zum Ausgleich für erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzungen begründen könnten. Denn der Anspruch sei höchstpersönlicher Natur und deshalb nicht vererblich. Ob dies anders zu beurteilen sei, wenn der Anspruch noch zu Lebzeiten des Verletzten rechtshängig werde, könne ebenfalls offenbleiben, da die Zustellung der Klage vorliegend erst nach dem Tod des Erblassers erfolgt sei. Aus § 167 ZPO folge nichts anderes. Weder lasse sich der Vorschrift der allgemeine Rechtsgedanke entnehmen, dass zugunsten des Klägers bereits der Eingang der Klage bei Gericht ausreichend sei, wenn die Zustellung "demnächst" erfolge, noch setze die Vorschrift die Anhängigkeit der Klage mit ihrer Rechtshängigkeit gleich.

II. Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der unterstellte Geldentschädigungsanspruch des Erblassers mangels Vererblichkeit nicht auf den Kläger übergehen konnte.

a) Die Frage, ob der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts vererblich ist, ist höchstrichterlich bislang nicht abschließend geklärt (vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 2005 VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 208; BGH, Urteil vom 24. März 2011 IX ZR 180/10, BGHZ 189, 65 Rn 39 f). Im Schrifttum ist die Frage umstritten.

Eine Reihe von Autoren bejaht die Vererblichkeit (z. B. Soergel/Beater, BGB, 13. Aufl., Anh. IV § 823 Rn 25; Brändel in: Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 36 Rn 24; Cronemeyer, AfP 2012, 10 ff; Dreier/Specht in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., KUG § 22 Rn 37 und §§ 33–50 Rn 21, anders allerdings noch Dreier in der 3. Aufl., KUG § 33–50 Rn 21; Fechner, Medienrecht, 14. Aufl., Kap. 4 Rn 157; Kutschera, AfP 2000, 147, 148 f; Leipold, Erbrecht, 19. Aufl., Rn 635 Fn 51; MüKo-BGB/Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn 237 aE). Begründet wird diese Auffassung zunächst mit der uneingeschränkten Vererblichkeit des Schmerzensgeldanspruchs seit Aufhebung von § 847 Abs. 1 Satz 2 BGB aF zum 1. Juli 1990, aus der entsprechende Konsequenzen auch für den Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu ziehen seien (Soergel/Beater, aaO; Cronemeyer, aaO, 11 f; Kutschera, aaO). Darüber hinaus wird angenommen, die unterschiedliche Behandlung des Schmerzensgeldanspruchs einerseits und des Geldentschädigungsanspruchs wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts andererseits verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG (Cronemeyer, aaO, 11; Kutschera, aaO, 148). Andere gehen davon aus, eine unberechtigte Besserstellung des Verletzers durch den Tod des Verletzten vor Leistung des Geldersatzes müsse vermieden werden (Dreier/Specht, aaO, KUG § 22 Rn 37). Überdies löse sich der auf eine Geldzahlung gerichtete Anspruch mit seiner Entstehung von den ideellen Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts (Dreier/Specht, aaO).

Die Gegenauffassung (z. B. Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 14 Rn 140; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn 1011 ff; Erman/N. Klass, BGB, 13. Aufl., Anh. § 12 Rn 320; Müller in: Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 51 Rn 28; Soehring in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 32 Rn 23; Löffler/Steffen, Presserecht, 5. Aufl., LPG § 6 Rn 344) stützt sich auf den Zweck der Geldentschädigung, der darin liege, die nicht vererblichen (vgl. BGH, Urteile vom 1. Dezember 1999 I ZR 49/97, BGHZ 143, 214, 220 Marlene Dietrich; vom 20. März 1968 ...

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