Tagungsbericht

Vom 5.7. bis zum 7.7.2012 fand in Würzburg der 4. Schiedsrichter-Lehrgang der Deutschen Schiedsgerichtsbarkeit für Erbsachen e. V. (DSE) statt. Ort der Tagung war das Hotel Greifenfelser Hof, welches sich zentral in der Altstadt von Würzburg befindet und einen ausgezeichneten Rahmen für den "kommunikativsten" Lehrgang bot, an dem der Verfasser bislang teilnehmen durfte.

Seit 1998 besteht die Deutsche Schiedsgerichtsbarkeit für Erbsachen e. V. (DSE). Ausgehend von der Praxis, die für Erbrechtsberater häufig mit langwierigen, für die Mandanten kostenintensiven Erbstreitigkeiten vor teilweise wenig spezialisierten Spruchkörpern Deutscher Gerichte verbunden ist, hat sich die DSE zur Aufgabe gemacht, die Schiedsgerichtsbarkeit der §§ 1025 ff BGB auf das Erbrecht zu übertragen. Ob und wie das funktioniert, wollte der Verfasser erfahren und meldete sich kurzerhand für diesen Lehrgang an.

Schon Wochen vor dem Lehrgang erhielt der Verfasser umfangreiche Unterlagen nebst fünf ausführlichen Aktenstücken. Dies verbunden mit der höflichen Bitte, diese Aktenstücke vorzubereiten. Kurz vor dem Lehrgang wurden "Besetzungslisten" verschickt und so erfuhren die Teilnehmer, dass die Fälle während des Lehrgangs von den Teilnehmern nachgestellt werden sollten. Es wurde ein Schiedsgericht, bestehend aus drei Richtern, gebildet, zudem wurden zwei Prozessbevollmächtigte und auch Mandanten bestimmt. Aus dem Tagungsablauf ergab sich dann, dass zwischen den theoretischen Teilen des Lehrgangs diese Fälle als Schiedsgerichtsverhandlungen nachgestellt werden sollten.

Nach einer kurzen Einführung in den Lehrgang durch Herrn Rechtsanwalt Michael Rudolf (DSE Vorstand) stellten sich die drei Hauptreferenten vor. Bei den Herren handelte es sich um Herrn Rechtsanwalt Dieter Trimborn von Landenberg, Herrn Rechtsanwalt Dr. K. Jan Schiffer und um Herrn Dr. Ludwig Kroiß (Direktor AG Traunstein). Die Teilnehmer wurden darüber informiert, dass die einzelnen theoretischen Blöcke, mit Ausnahme des Teils von Herrn Prof. Dr. Damrau, gemeinsam vorgetragen werden und dass es von der Seminarleitung explizit erwünscht sei, dass die Teilnehmer aktiv mitwirken.

Gerade das Angebot der aktiven Mitwirkung, das von den Teilnehmern auch gerne angenommen wurde, machte den Lehrgang besonders und ausgesprochen lehrreich. Natürlich musste auch Theorie erfahren werden, aber stets eingebettet in Praxisfälle, sodass sich der Nutzen der Schiedsgerichtsbarkeit in der Praxis ohne Weiteres erschloss. Die Teilnehmer haben sich gerne in den Pausen in Gruppen zusammengefunden, um "ihren" Fall vorzubereiten. Dieser wurde dann in teils lebhaften Schiedsgerichtsverhandlungen vorgetragen und entschieden. In einer sich anschließenden Diskussion wurden gemeinschaftlich die Herangehensweise und die Arbeit der Schiedsrichter erörtert. Hierbei wurden neben den theoretischen Besonderheiten des Schiedsgerichtsverfahrens (z. B. u. a. Klageerhebung, Schiedsspruch/-vergleich, Vollstreckung, Grenzen der Schiedsfähigkeit und Vollstreckung) auch Fragen der Verhandlungstechnik/-taktik, der Beweiswürdigung und der Mediation erörtert. Für die Teilnehmer des Lehrgangs bedeutete dies, auch einmal den Blickwinkel zu verändern. Neben der klassischen Interessensvertretung, in der sich die meisten der Teilnehmer in ihrer Praxis wiederfinden, konnten sie sich in die Position des Richters und auch des Mandanten hineinversetzen. Sie erfuhren die unterschiedlichen Herangehensweisen von Erbrechtskollegen betreffend streitige Sachverhalte sowie Verhandlungstaktiken und die zahlreichen Wege, Vergleichsverhandlungen zu führen. Daneben fand das ausgeprägte "Coaching" durch erfahrene Schiedsrichter und Richter statt, das, ausgehend von den Ausführungen des Herrn Dr. Kroiß, auch interessante Einblicke in das "Seelenleben" von Richtern zuließ.

Das kommunikative Miteinander setzte sich auch bei den zwei gelungenen Abendveranstaltungen (Besichtigung Juliusspital mit Weinprobe sowie Stadtführung) fort. Sehr gut aufgenommen wurde auch der Vortrag von Frau Rechtsanwältin Katrin Henß, die anschaulich von einem Praxisfall berichtete, den sie als Schiedsrichterin bearbeitet hat. So motiviert schrieben die Teilnehmer abschließend die dreistündige Klausur, deren Bestehen Voraussetzung für die Aufnahme in die Schiedsrichterliste der DSE ist

Es zeigte sich, dass die Bearbeitung streitiger Erbfälle durch ein Schiedsgericht durchaus effektiver, schneller und günstiger sein kann als die Durchführung des streitigen Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten. So bleibt es abschließend zu hoffen, dass vermehrt Schiedsklauseln gem. § 1066 ZPO in letztwillige Gestaltungen aufgenommen werden und Erbrechtsanwälte vermehrt von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Erbstreit gem. § 1025 ZPO vor einem Schiedsgericht der DSE zu verhandeln.

Übrigens: Der nächste Schiedsrichterlehrgang findet vom 4.–6.7.2013 in Würzburg statt.

Autor: Lukke Mörschner , FAErbR, Leverkusen

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