Die Lösung dieses Falles macht nach dem aktuell geltenden Recht keine Probleme: Für die Erbfolge nach dem Tod von Werner gilt gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit das deutsche Recht. Dieses Recht regiert gem. Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB auch die Gültigkeit und die Bindungswirkung einer Verfügung von Todes wegen, einschließlich eines Erbvertrags. Insoweit galt zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags wegen der beiderseitigen deutschen Staatsangehörigkeit von Werner und Rita deutsches Recht. Der Abschluss des Erbvertrags war danach möglich. Nachträgliche Entwicklungen – also z. B. der Umzug von Rita nach Schottland – können sich nicht auswirken, da Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB die Anknüpfung des auf die Wirksamkeit des Erbvertrags anwendbaren Rechts auf die Umstände zum Zeitpunkt seiner Errichtung fixiert (sog. Errichtungsstatut). Ein nachträglicher Statutenwechsel wird so ausgeschlossen. Es bleibt daher im Beispielsfall für die Wirksamkeit und die Bindungswirkung bei der Geltung des deutschen Rechts, und zwar selbst dann, wenn Rita die deutsche Staatsangehörigkeit aufgeben und die britische erwerben sollte.

Dies gilt nicht nur im Guten, sondern auch im Bösen: Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB schließt nicht nur den Verlust der Wirksamkeit durch eine nachträgliche Änderung der für die Anknüpfung maßgeblichen Umstände aus, sondern auch das nachträgliche Wirksamwerden. Eine "Heilung durch Statutenwechsel" ist also nicht möglich.[1]

Nach dem deutschen Recht war eine vertragsmäßige gegenseitige Erbeinsetzung möglich. Rita wäre dann Alleinerbin von Werner geworden. Problematisch ist freilich die Einhaltung der gesetzlichen Formerfordernisse.

In Fällen mit Auslandsberührung beurteilt sich das auf die Formwirksamkeit anwendbare Recht nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom 5. Oktober 1961 (BGBl 1965 II, S. 1145). Dessen Vorschriften sind in Deutschland im Rahmen der IPR-Reform 1986 in Art. 26 Abs. 1–3 EGBB inkorporiert worden. Mittlerweile gilt es in 43 Staaten,[2] davon sind 16 Staaten Mitglied der Europäischen Union.[3]

Das Haager Übereinkommen enthält in Art. 1 Abs. 1 eine Vielzahl von alternativ zum Zuge kommenden Anknüpfungen, um zu verhindern, dass ein Testament nur deswegen unwirksam ist, weil der Erblasser die Formerfordernisse einer Rechtsordnung eingehalten hat, die aus Sicht des für die nach seinem Tode über die Abhandlung des Nachlasses entscheidende Behörde geltenden Kollisionsrechts am Ende doch nicht anwendbar ist. So genügt nicht nur die Einhaltung des am Errichtungsort geltenden Rechts (lex loci actus, Art. 1 Abs. 1 lit. a Testamentsformübereinkommen), sondern auch die Einhaltung des Heimatrechts, des Wohnsitzrechts oder des am gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers geltenden Rechts, und zwar jeweils nach den Umständen bei Errichtung der Verfügung und zum Zeitpunkt des Todes (Art. 1 Abs. 1 lit. b, c und d Testamentsformübereinkommen).

Gem. Art. 4 Testamentsformübereinkommen gelten diese Anknüpfungen nicht allein für einseitige Testamente, sondern auch für die Form letztwilliger Verfügungen, die zwei oder mehrere Personen in derselben Urkunde errichtet haben, also gemeinschaftliche Testamente. Art. 26 Abs. 4 EGBGB erstreckt den Anwendungsbereich aus deutscher Sicht weiter auf alle "anderen Verfügungen von Todes wegen entsprechend", also auch auf Erbverträge. Dabei ist aber allgemein anerkannt, dass die personenbezogenen Anknüpfungspunkte bei gemeinschaftlichen Testamenten und bei mehrseitigen Erbverträgen für jeden der Erblasser gesondert zu prüfen sind.[4] Damit ergibt sich für die von Werner getroffene Erbeinsetzung – da bei ihm sämtliche in Art. 1 Testamentsformübereinkommen aufgelisteten Anknüpfungspunkte zum deutschen Recht führen – die ausschließliche Geltung deutschen Rechts.

Gem. § 2276 Abs. 1 S. 1 BGB kann ein Erbvertrag nur zur Niederschrift eines Notars bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden. Diese Form ist hier nicht eingehalten worden. Auch eine Umdeutung in eine testamentarische Verfügung würde hier nicht verfangen. Das Formprivileg für die gemeinschaftliche Verfügung aus § 2267 BGB greift schon deswegen nicht ein, weil Werner und Rita nicht miteinander verheiratet waren. Und auch die von § 2247 BGB verlangte Eigenhändigkeit liegt hier nur in der Unterschrift, nicht aber in dem vom Freund ausgedruckten Text. Daher ist die Vereinbarung nach den Regeln des BGB mangels Einhaltung der erforderlichen Form gem. § 125 S. 1 BGB nichtig.

Auf Seiten von Rita hingegen könnte es aufgrund eines letzten Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Edinburgh dazu kommen, dass auch schottisches Rechts gilt.

[1] Staudinger/Dörner, 2007, Art. 26 EGBGB Rn 83, Art. 25 EGBGB Rn 358; Birk, in MünchKomm-BGB, 5. Aufl. 2010, Art. 26 EGBGB Rn 135; eine Möglichkeit der Validierung sehen bei Geltung deutschen Rechts für die Erbfolge auf der Basis des deutschen materiellen Rechts Stepha...

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